Inflation bleibt über Zwei-Prozent-Marke

Wiesbaden/Frankfurt (dpa) - Der rasante Anstieg der Kraftstoffpreise hält die Inflation in Deutschland über der Warnschwelle von zwei Prozent. Der Angst der Deutschen um ihre Ersparnisse trat die Bundesbank am Freitag aber entschieden entgegen.

„Als Präsident der Deutschen Bundesbank trete ich auch gegen Widerstände unverrückbar für Geldwertstabilität ein“, betonte Notenbank-Chef Jens Weidmann in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Im April mussten Verbraucher in Deutschland nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wie im März durchschnittlich 2,1 Prozent mehr für Waren und Dienstleistungen zahlen als ein Jahr zuvor. Werden die explodierenden Energiepreise herausgerechnet, ergibt sich nach Angaben der Statistiker nur eine jährliche Teuerung von 1,5 Prozent.

Aktuell ziehen die Preise im Euroraum noch stärker an als in Deutschland. Die Bundesbank geht jedoch davon aus, dass Deutschland wegen der Reformen in den Euro-Krisenstaaten kurz- bis mittelfristig überdurchschnittliche Preissteigerungen in Kauf nehmen muss. Deshalb war über den Abschied der Notenbank vom Ziel stabiler Preise spekuliert worden.

Weidmann wies dies zurück: „Der beste Beitrag, den eine Notenbank zum Wirtschaftswachstum leisten kann, ist es, für stabiles Geld zu sorgen.“ Mittelfristig werde die Europäische Zentralbank (EZB) alles dafür tun, ihr Ziel einer Jahresteuerung von knapp unter zwei Prozent einzuhalten, versprach Weidmann: „Damit wir dieses Ziel auch weiterhin erreichen können, dürfen wir dem Druck der Politik und der Märkte, mit immer mehr Geld die Probleme des Euroraums zu lösen, nicht nachgeben.“

Aus Sicht des Wirtschaftsweisen Peter Bofinger ist die Beschränkung der EZB auf die Wahrung von Preisstabilität „viel zu eindimensional“. Bofinger sagte der österreichischen Tageszeitung „Standard“ (Freitag), es sei ein neues Mandat für die EZB nötig, dass die Finanzstabilität einschließe: „Die EZB ist in der Vergangenheit mit Scheuklappen durch die Welt gelaufen.“

Das Bundesamt wies darauf hin, dass die Inflationsrate in Deutschland bereits seit Februar 2011 über der Zwei-Prozent-Marke liegt. Gegenüber dem März 2012 stiegen die Verbraucherpreise um 0,2 Prozent. Zunächst war hier ein Wert von 0,1 Prozent ermittelt worden.

Preistreiber Nummer eins war wie in den Vormonaten Energie. Insgesamt stiegen die Energiepreise im Jahresvergleich um 5,8 Prozent. Besonders stark ziehen weiterhin die Preise für Kraftstoffe an: Superbenzin verteuerte sich binnen Jahresfrist um 7,0 Prozent, Diesel um 4,5 Prozent. Gegenüber dem März 2012 erhöhten sich die Spritpreise im April um 1,2 Prozent und erreichten einen neuen Höchststand, wie die Statistiker errechneten.

Die Bundesbank hat angesichts der anziehenden Energiepreise längst ihre Inflationsprognose von 1,8 Prozent für das laufende Jahr kassiert. Sie erwartet inzwischen, dass die Teuerungsrate im Jahresschnitt „leicht über zwei Prozent“ liegen wird.

Aus Sicht von Commerzbank-Volkswirten lassen die steigende Kapazitätsauslastung der deutschen Wirtschaft und der dadurch angeschobene stärkere Lohnanstieg befürchten, dass die Verbraucherpreise auch mittelfristig um mehr als zwei Prozent pro Jahr steigen werden: „Da die EZB aus Rücksicht auf die Probleme der Peripherieländer auf diese Risiken in Deutschland wohl nicht reagieren wird, dürfte die Inflation langfristig höher ausfallen als im letzten Jahrzehnt.“