Insolvenzverfahren: Die Verlierer bei Arcandor
Eines der größten Verfahren in Deutschland ist eröffnet. Die Folgen für Mitarbeiter und Aktionäre sind gravierend.
Essen. Es ist eines der größten Insolvenzverfahren in der Nachkriegsgeschichte: Bei den wichtigsten Gesellschaften des Handels- und Touristikriesen Arcandor hat am Dienstag Sanierungsexperte Klaus Hubert Görg als Insolvenzverwalter das Ruder übernommen. Görg hatte schon zuvor eine Zerschlagung des Konzerns in Aussicht gestellt und den 38 000 Mitarbeitern der Handelstöchter Karstadt und Primondo schmerzhafte Einschnitte angekündigt.
Drastische Einschnitte müssen vor allem die Beschäftigten der Versandhandelssparte Primondo/Quelle fürchten. 3700 der rund 10500 Arbeitsplätze sollen bis 2010 gestrichen werden. Erste Kündigungen dürften nach dem Auslaufen des Insolvenzgeldes erfolgen. Die Freistellung könnte laut "Handelsblatt" bei einigen Mitarbeitern schon zum 1. Oktober erfolgen. Die defizitären 109 Quelle Technik Center sollen schon bald geschlossen und die Quelle-Shops von 1450 auf 1000 reduziert werden.
Auch bei den Karstadt-Warenhäusern, die im Zuge einer Planinsolvenz saniert werden sollen, stehen Stellenstreichungen und Filialschließungen an. 19 der 126 Waren- und Sporthäuser stehen zur Disposition. Pro Filiale sind im Schnitt 120 bis 250 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Gewerkschaft Verdi forderte Klarheit für die Beschäftigten. Die Investorensuche für die Warenhäuser müsse mit Nachdruck vorangetrieben und vor dem Weihnachtsgeschäft abgeschlossen werden, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig-Raane. Nach großen finanziellen Opfern in den vergangenen Jahren könne es einen Sanierungsbeitrag der Mitarbeiter nur mit einem soliden Geschäftsplan und Sicherheiten für die Beschäftigten geben. Eine "Spende" komme nicht in Frage. Jenseits der Tarifbindung das Einkommensniveau zu senken, sei indiskutabel.
Arcandor-Aktionärin und Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz (65) muss mit dem Totalverlust ihrer Investitionen bei dem Handelsriesen rechnen. Der Wert ihrer Arcandor-Aktien ist von ehemals drei Milliarden Euro auf nur noch 20 Millionen Euro geschrumpft. Allerdings sind die Aktien nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens quasi wertlos. Sie selbst hatte in einem Interview geklagt, sollte die Rettung von Arcandor scheitern, verliere sie alles - "Häuser, Aktien, Beteiligungen an anderen Firmen".
Die Privatbank Sal. Oppenheim war erst im September 2008 bei Arcandor eingestiegen - sie hatte einen Teil des Aktienpaketes von Madeleine Schickedanz übernommen. Laut Geschäftsbericht zahlte die Bank für den Anteil von 28,6 Prozent 154 Millionen Euro. Außerdem stellte sie dem Unternehmen 20 Millionen Euro Kredit zur Verfügung - in der Hoffnung, das Ruder bei Arcandor noch herumreißen zu können. Oppenheim engagierte auch Karl-Gerhard Eick - und garantierte dem früheren Telekom-Vorstand das 15-Millionen-Euro-Gehalt. Das gescheiterte Arcandor-Engagement brachte die Privatbank dermaßen in Schieflage, dass die Deutsche Bank einspringen musste.