Interview: Warum Quirin-Chef Schmidt Bank-Provisionen für Schmiergeld hält

Karl Matthäus Schmidt, Chef der Quirin Bank, sagt, warum er Provision für Schmiergeld hält und wie es anders geht.

Herr Schmidt, warum sollte ich als Kunde bei Ihnen Geld für eine Beratung zahlen, wenn diese bei anderen Banken kostenlos ist?

Karl Matthäus Schmidt: Sie bekommen Beratung nirgendwo umsonst. Beratung kostet immer. Der Unterschied zu einer provisionsorientierten Bank ist, dass wir offen unser Honorar ausweisen, während bei anderen Banken Kosten etwa über Ausgabeaufschläge und andere Positionen verdeckt anfallen.

Ab welchem Betrag lohnt sich für den Kunden der Gang zur Quirin Bank?

Schmidt: Eine dauerhafte Beratung empfiehlt sich ab einem Betrag von 100 000 Euro. Bei Beträgen darunter beraten wir einmalig, beispielsweise zu Altersvorsorgekonzepten.

Wenn Ihr Konzept so gut ist, warum folgen Ihnen dann gerade einmal 8500 Kunden?

Schmidt: Unsere Kunden haben uns in nur sechs Jahren 2,4 Milliarden Euro anvertraut. Die Idee der Honorarberatung ist in Deutschland noch jung. Es wird dauern, bis sich das Konzept durchsetzen wird.

Sie haben Provisionen für Bankberater schon mal als Schmiergeld bezeichnet. Bekommt man da Anwaltspost?

Schmidt: Nein, die habe ich nicht bekommen. Es ist meine feste Überzeugung, dass ein provisionsorientierter Berater nicht neutral sein kann. Schmiergeld ist zwar ein harter Begriff, aber er trifft den Kern des Problems. Wenn ein Produkthersteller für einen Fonds, den der Berater empfiehlt, ein Prozent jährlich an diesen zahlt, und ein anderer Fonds nur einen halben Prozent, dann wird der Berater, der ja eigentlich ein Verkäufer ist, immer seine eigenen Erlöse optimieren — und nicht die der Kunden. Die Quirin Bank wird dagegen nur vom Kunden bezahlt und nicht von einem Produkthersteller.

In anderen Ländern wie Großbritannien sind Provisionen ab 2013 verboten. Die Bundesregierung denkt darüber nach, Honorarberatung als Alternative zur Provisionsberatung gesetzlich zu regeln. Wie schätzen Sie die Erfolgschancen ein?

Schmidt: Es ist ein sehr wichtiger Zwischenschritt, aber Deutschland ist in Sachen Honorarberatung noch ein Entwicklungsland. In Skandinavien ist die Provisionsberatung bei der Altersvorsorge heute bereits verboten. Und in England beobachten wir, dass die gesamte Finanzbranche an einem Strang zieht und sagt: Nach all den Skandalen muss sich etwas ändern. In Deutschland fühle ich mich bei Diskussionen, die ich führe, immer noch alleine.

Das Image von Bankern hat durch die Finanzkrise massiv gelitten. Wie fühlen Sie sich als Banker?

Schmidt: Wenn ich sage, ich arbeite in einer Bank, aber in einer guten, dann ernte ich meistens Gelächter — so nach dem Motto ,Das gibt’s doch gar nicht’. Die Branche hat sich von ihren alten Tugenden entfernt. Im Vordergrund steht der Shareholder-Value (Aktionärswert), nicht die Bedürfnisse der Kunden. Ich bin gerne Banker, aber im Sinne der alten Tugenden.

Sie sind in der sechsten Generation Banker. Das Bankhaus ihres Vaters, die Schmidt-Bank, wurde nach einer Schieflage vor zehn Jahren abgewickelt, während später andere Banken gerettet wurden. Schwingt da auch ein Stück Bitterkeit mit?

Schmidt: Die Bank meines Vaters ist nicht wie etwa die Landesbanken wegen fragwürdiger Geschäfte gescheitert, sondern im klassischen Kreditgeschäft für den Mittelstand, das ist für mich ein ehrenwerter Grund. Zudem hat mein Vater als Unternehmer persönlich gehaftet. Natürlich ist es schmerzhaft, wenn man auf diesem Weg das elterliche Bankhaus verliert. Heute wäre die Bank sicher gerettet worden. Aber manchmal muss man im Leben eben neu starten.

Wann bekommt Europa die Schuldenkrise in den Griff?

Schmidt: Aus unserer Sicht wird uns diese massive Schuldenkrise noch mindestens ein Jahrzehnt lang beschäftigen. Diese Situation ist auch für Geldanleger sehr schwierig.

Und was empfehlen Sie Anlegern?

Schmidt: Wir haben in der Vermögensverwaltung verstärkt Sachwerte wie Immobilien oder Gold ins Portfolio eingebaut. Bei Aktien sind wir momentan eher vorsichtig. Der Anleger muss insgesamt mit niedrigeren Renditen rechnen. Wenn man die Inflation verdient, und es gibt noch einen Schnaps obendrauf, dann darf man als Anleger in diesen Zeiten schon zufrieden sein.