Italiens Regierung verabschiedet zweites Sparpaket
Rom (dpa) - Im Kampf gegen die Schulden- und Wirtschaftskrise beschleunigt Italiens Regierung ihren drastischen Sparkurs. Das Kabinett von Silvio Berlusconi verabschiedete am Freitagabend ein zweites, über 45 Milliarden Euro schweres Spar- und Wachstumspaket für die Zeit bis 2013.
Das im Eiltempo abgestimmte Maßnahmenbündel soll vor allem dafür sorgen, dass das hoch verschuldete Italien bereits in zwei Jahren einen ausgeglichenen Etat vorweisen kann. So will das Land aus der Schusslinie der Finanzmärkte kommen und europäische Kritiker besänftigen.
Zusammen mit dem ersten Sparpaket vom Juli über 48 Milliarden Euro haben die geplanten einschneidenden Kürzungen einen Umfang von mehr als 90 Milliarden Euro. „Uns blutet das Herz“, sagte Regierungschef Berlusconi nach den abendlichen Beschlüssen. „Diese Regierung war stolz darauf, nicht in die Taschen der Italiener gegriffen zu haben, aber die Situation in der Welt hat sich verändert“, fügte er an. Berlusconi hatte in seiner Karriere als Politiker mehrere Wahlen damit gewonnen, die Italiener nicht finanziell belasten zu wollen.
Zusatzsteuern von 5 bis 10 Prozent für Besserverdienende mit Jahreseinkommen von mehr als 90 000 Euro sowie Einsparungen bei den Ministerien in Höhe von 8,5 Milliarden Euro sollen Geld in die leeren Kassen spülen. Regionen, Provinzen und Kommunen werden bis zu 50 000 Stellen abbauen müssen. Das Rentenalter für Frauen soll früher als bisher geplant auf 65 erhöht werden. Die Tabaksteuer wird angehoben. Zudem sind zur Förderung der Produktivität weniger freie Tage geplant.
Finanzminister Giulio Tremonti hatte Italien auf die drastischen Sparmaßnahmen und Reformen vorbereitet. Italiens Medien sprechen von einem „Blut-und-Tränen“-Paket gegen die Krise. An den Renten dagegen wird vorerst nicht gerüttelt. In Rom ist von einem starken Zerwürfnis zwischen Tremonti und Berlusconi die Rede: Berlusconi hat die Arbeit am Sparkurs weitgehend in die eigene Hand genommen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hatte Italien aufgefordert, rascher zu „normalen“ Haushaltsbedingungen zu kommen.
Ein Gesetzesdekret muss innerhalb eines Monats vom Parlament in Rom behandelt werden. Die Regierung will bereits im Jahr 2013 einen ausgeglichenen Staatshaushalt vorlegen und dies in der Verfassung verankern. Dass das zweite Paket nötig wurde, erklärte Finanzminister Tremonti mit der dramatischen Verschärfung der Lage: Seit der Arbeit im Juni an dem ersten italienischen Sparpaket über 48 Milliarden Euro „hat die Krise einen anderen Verlauf genommen und ist noch nicht zu Ende“.
Italiens Mitte-Rechts-Regierung wollte den ausgeglichen Staatsetat ursprünglich 2014 schaffen, drückt nun aber aufs Tempo. Dafür stimmte sich Berlusconi auch eng mit dem Notenbankchef Mario Draghi und mit Staatspräsident Giorgio Napolitano ab. Wie dringend finanzpolitische Maßnahmen und Wachstumsförderung in Italien sind, zeigt der Rekord der im Juni auf 1,9 Billionen Euro gestiegenen Staatsverschuldung.