Joachim Hunold: Letzte Runde eines Überfliegers
Joachim Hunold verlässt Air Berlin. Der tatkräftige Manager passte immer weniger zu seinem Unternehmen.
Düsseldorf. Im April 2007 fand auf dem Düsseldorfer Flughafen eine Art Familienfeier statt. Joachim Hunold, für die meisten „der Achim“, hatte die LTU übernommen und reiste an, um auf den ersten Airbus im neuen Design anzustoßen. Hunold kam aus dem Umarmen gar nicht mehr heraus. „Mafiosi“, rief Hunold laut einem Ex-Kollegen zu und freute sich über das Wiedersehen. Alle strahlten um die Wette und Hunold, der Vollblut-Rheinländer, ganz besonders.
Dieser Abend sagt viel aus über Hunold (61), der sich in den 80er Jahren zum LTU-Marketingchef hocharbeitete. 1990 überwarf er sich mit dem Haupteigner WestLB und dessen Chef Friedel Neuber. Dann übernahm er mit zwei Partnern die Air Berlin, eine Airline mit zunächst nur einem Flugzeug. Eine irrwitzige Karriere begann.
Als Hunold an jenem Tag im LTU-Hangar steht und als Hoffnungsträger gefeiert wird, rundet sich sein Leben. Jura-Studium abgebrochen und stattdessen in der Altstadt gekellnert? Kein Nachteil. „Die Zeit im Engelchen war mein Psychologie-Studium“, sagt Hunold. Das Image des hemdsärmeligen Aufsteigers wurde kultiviert, war aber durch viele Geschichten gedeckt.
Allerdings ist blauäugig, wer in Hunolds Vita nur die Tellerwäscherkarriere sieht. Was so märchenhaft klingt, hat mit analytischer Kraft, strategischem Weitblick und Mut zum Handeln zu tun. Air Berlin wurde erfolgreich, weil die Airline eine vergleichsweise günstige Kostenstruktur hatte und innovative Produkte entwickelte: Hunold machte sich von den Reiseveranstaltern unabhängig, holte die Menschen auf Regionalflughäfen ab und entwickelte den Einzelplatzverkauf zur Perfektion.
Es war ihm ein Vergnügen, samstags vom Sofa aus mit dem Laptop die Preise für einzelne Flüge erhöhen oder senken zu können — je nach Buchungslage. Hunold begann mit seinem Euro-Shuttle den Angriff auf Lufthansa, bei ihm konnten Geschäftsreisende günstiger fliegen.
Mit dem Erfolg kam der Zwang zum Wachstum. Während Hunold Journalisten erzählte, niemals an die Börse gehen zu wollen, bereitete er in London den Gang aufs Parkett vor. Er fand in Niki Lauda einen Partner, mit dem er einen Milliardenpoker beim Großeinkauf von Flugzeugen startete. Mancher konnte nicht verstehen, warum er sein solides Wachstum verließ und sich von Banken, Aktionären und durch die LTU-Übernahme sogar von den verhassten Gewerkschaften abhängig machte. „Ich muss so groß werden, um beim Einkauf die gleichen Konditionen wie Ryanair zu erhalten“, erklärte er dann.
So passte der kantige Hunold immer weniger zu seinem Unternehmen. Ex-Metro-Chef Hans-Joachim Körber, mittlerweile Air-Berlin-Aufsichtsratschef, sprach schon länger von einer Ablösung Hunolds. Dieser ist der Düsseldorfer nun im für ihn typischen Holterdipolter-Stil zuvorgekommen.