Konsumlust so hoch wie seit 13 Jahren nicht
Berlin (dpa) - Die Verbraucher in Deutschland sind in Kauflaune wie seit mehr als 13 Jahren nicht mehr. Niedrige Heizöl- und Benzinpreise sowie Lohnsteigerungen sorgen für gute Stimmung.
Die Bereitschaft der privaten Haushalte zu größeren Anschaffungen legte im Januar ebenso zu wie die Einkommenserwartung, teilte das Marktforschungsunternehmen GfK am Mittwoch in Nürnberg mit.
Im Februar dürfte der Indikator für das Konsumklima auf den höchsten Stand seit November 2001 klettern. Inzwischen sehen die Bundesbürger auch die deutsche Wirtschaft nach der Schwächephase im vergangenen Herbst wieder im Aufwind. Nach wachsender Konjunkturskepsis mache sich unter den rund 2000 Befragten Zuversicht breit.
Auch die Bundesregierung setzt angesichts niedriger Preise, höherer Einkommen und neuer Beschäftigungsrekorde auf mehr Privatkonsum und damit eine starke Konjunktur. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte bei der Vorlage des neuen Jahreswirtschaftsberichts vor Zufriedenheit. „Die deutsche Wirtschaft ist in guter Verfassung.“ Es gebe aber einige Herausforderungen sowie Risiken durch internationale Konflikte: „Ich rate dazu, auch diese Wachstumszahlen nicht als gesetzt und gegeben hinzunehmen.“
Die Bundesregierung erwartet für 2015 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent - wie schon 2014. Die Erwerbstätigenzahl werde um 170 000 auf 42,8 Millionen zunehmen, die Arbeitslosenquote auf 6,6 Prozent sinken. Gleichzeitig sollen die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer 2015 um weitere 3,2 Prozent stark steigen, die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte um 2,7 Prozent.
Gabriel teilt damit den wiedergewonnenen Optimismus führender Wirtschaftsforscher. Noch im Herbst war er wesentlich skeptischer gewesen. Im Oktober senkte er die Vorhersage für 2015 von 2,0 auf 1,3 Prozent. Die deutsche Wirtschaft zeigt sich aber von außenpolitischen Krisen wie dem Russland-Ukraine-Konflikt und den Sorgen um die Griechenland-Rettung weitgehend unbeeindruckt. Gabriel sorgt sich aber um die EU-Krisenländer. Deutschland werde sich nicht auf Dauer vom Rest Europas abkoppeln können. 60 Prozent der deutschen Ausfuhren gehen in EU-Staaten.
Angesichts der erwarteten Lohnsteigerung pocht der Sozialverband VdK auf mehr Geld als bisher geplant für die gut 20 Millionen Rentner in Deutschland. „Die Bundesregierung muss jetzt den Weg für eine stärkere Rentenerhöhung freimachen“, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. „Die erwarteten Lohnsteigerungen lassen genügend Spielraum.“ Nach bisherigen Schätzungen dürften die Renten Mitte des Jahres um ein bis zwei Prozent steigen. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Lohnentwicklung.
Die schwarz-rote Koalition will die gute Konjunktur und hohen Steuereinnahmen für mehr Investitionen in Straßen, schnelles Internet und Bildung nutzen. So sollen zusätzlich zehn Milliarden Euro zwischen 2016 und 2018 ausgegeben werden.
Gabriel bekräftigte, an der Investitionsoffensive der EU-Kommission werde sich Deutschland mit rund acht Milliarden Euro zusätzlicher Projektfinanzierung durch die Staatsbank KfW beteiligen.
Union und SPD rufen auch eine „neue Gründerzeit“ aus, um junge Wachstumsfirmen (Start-ups) stärker zu fördern. Der internationale Vergleich zeige, dass trotz einer aktiven Start-up-Szene Gründern oft Risikokapital fehle. Die Regierung will nun gemeinsam mit dem Europäischen Investitionsfonds einen Topf mit 500 Millionen Euro auflegen.
In Absprache mit der Deutschen Börse soll zudem versucht werden, die Zahl der Börsengänge aus der Start-up-Szene zu erhöhen. Der Idee von Wirtschaftsminister Gabriel, ein eigenes Börsensegment nach dem Vorbild des einst gescheiterten „Neuen Marktes“ wiederaufzubauen, hatte die Deutsche Börse eine Absage erteilt.