Kurzer Streik, große Wirkung

Die Lokführer im Ausstand: Millionen Fahrgäste waren betroffen.

Frankfurt/Berlin. Mit einem ersten Warnstreik hat die Lokführergewerkschaft GDL gestern ihre Stärke demonstriert. Quer durch die Republik fielen wegen des Zwei-Stunden-Ausstands Züge aus oder kamen nur mit größeren Verspätungen voran. Im Arbeitgeberlager soll das Eindruck für die Forderung nach einheitlichen Tarifstandards für alle Lokführer der Branche machen — hofft die GDL.

Die Folgen waren je nach Region unterschiedlich. Massiv getroffen wurden die S-Bahnen Berlin und Stuttgart, die während der Aktion von 6 bis 8 Uhr so gut wie komplett stillstanden. Bundesweit kam es zu „erheblichen Einschränkungen“ bei Regional- und Fernzügen. Insgesamt waren laut Bahn Millionen Fahrgäste betroffen. Die GDL sprach davon, rund 80 Prozent des morgendlichen Zugverkehrs getroffen zu haben.

„Ob wir mit dem Arbeitskampf unserem Ziel ein Stück näher gerückt sind, können allein die Arbeitgeber beantworten“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Jetzt sei es an der Deutschen Bahn (DB) und der Gruppe sechs großer Konkurrenten, ein verhandlungsfähiges Angebot zu machen. Das Ziel sind einheitliche Standards für alle 26 000 Lokführer, egal, bei welchem Betreiber sie arbeiten. Kernforderung der GDL: einheitliche Einkommen auf dem Niveau des Marktführers DB plus fünf Prozent.

Bei den Arbeitgebern hat das Muskelspiel der GDL ziemlichen Unmut ausgelöst. „Völlig widersinnig“, schimpfte DB-Personalvorstand Ulrich Weber und bekräftigte, dass der bundeseigene Konzern Forderungen der Gewerkschaft schon weitgehend erfülle. „Die GDL will, dass die guten Standards der DB für alle Lokführer gelten. Um das zu erreichen, bestreikt sie ausgerechnet die DB.“ „Massiv ärgerlich“, heißt es auch bei den Privatbahnen Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn. „Wir sitzen am Tisch und warten, dass die Tür aufgeht und die GDL zurückkommt“, sagte ein Sprecher.

Weitere Warnstreiks noch in dieser Woche sind unwahrscheinlich. Die GDL lässt sich zwar ungern in die Karten schauen, wenn es um die Planung ihrer Aktionen geht. Doch Weselsky hat den Arbeitgebern Bedenkzeit eingeräumt. Es ist kaum anzunehmen, dass gleich zu Beginn der komplexen Streiklage ein zweiter schneller Schlag mit dem großen Warnstreikhammer folgt.

Die Drohung steht im Raum, falls neue Angebote ausbleiben. Die GDL wollte parallel mit den ersten Aktionen die Urabstimmung unter den Mitgliedern beginnen, um sich den Rückhalt auch für längere Ausstände zu holen. Anfang März soll das Ergebnis feststehen. Denkbar wären auch gezielte Stiche gegen die Privatbahnen, bei denen die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag wie bei der DB erst noch erkämpfen will. Red