Längere Verzögerung bei Flughafenbau befürchtet
Berlin/Potsdam (dpa) - Gegner der geplanten Flugrouten am künftigen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg haben einen juristischen Erfolg erzielt. Das gemeinsame Oberverwaltungsgericht (OVG) beider Länder kippte am Mittwochabend die Wannsee-Flugroute.
Die Strecke führe zu nah am Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums vorbei, hieß es in der Urteilsbegründung. Das Risiko für einen Flugunfall oder einen terroristischen Anschlag sei vor Festlegung der Route nicht ermittelt worden. Derzeit gebe es nur veraltete Risikobetrachtungen für den Reaktor.
Eine Neuausschreibung von Aufträgen könnte die Eröffnung des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg indes weiter verzögern. Für den Umbau der Gebäudetechnik im Terminal werden aber keine Abbrucharbeiten nötig sein. Das geht aus Äußerungen von Verantwortlichen des Projekts am Mittwoch im Bauausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hervor. Die an der Brandschutzanlage beteiligten Unternehmen Bosch und Siemens sprachen sich von Fehlern frei. Der Brandenburger Landtag setzte mittlerweile einen Sonderausschuss zu dem Milliardenprojekt ein.
Vor dem OVG hatten neben den Brandenburger Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow die Stadt Teltow, mehrere Grundstücksbesitzer und Anwohner des Wannsees geklagt. Sie befürchteten, die geplante Flugroute über den Wannsee könne zu Lärm- und anderen Umweltbelastungen führen. Größte Sorge war aber, dass ein Flugzeug auf einen Forschungsreaktor am Wannsee stürzen könnte.
Es war die erste von mehreren Verhandlungen über Entscheidungen des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF), das die Strecken im Januar 2012 festgelegt hatte. Es ging dabei nur um diejenige von vier möglichen Flugrouten des Hauptstadtflughafens, die Flugzeuge nehmen sollen, wenn sie von der nördlichen Startbahn in Richtung Westen starten. Für 83 Maschinen am Tag sollte der Weg bisher dann in 1,5 Kilometern Höhe über den Wannsee und Berlin führen. Andere Flugroutengegner, die sich vor allem gegen Flüge über den Müggelsee im Osten Berlins wehren, müssen weiter bangen.
Die für Oktober geplante Eröffnung des Airports war Anfang Januar auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Hauptgrund ist nach Angaben des Betreibers die komplexe Brandschutzanlage, die noch immer nicht funktioniert. Der Flughafen wird nach jüngster Kalkulation 4,3 Milliarden Euro kosten. Dabei war aber die nochmalige Verzögerung nicht einberechnet.
Der Geschäftsführer des Gesamtprojektsteuerers WSP CBP Airport GmbH, Christian Manninger, sagte im Bauausschuss, es werde geprüft, ob der Flughafen Projektüberwacher und Planer erst nach einer EU-weiten Ausschreibung weiterbeschäftigen darf. Diese Ausschreibung sei nach der Terminabsage im Mai aufgrund von Ausnahmeregelungen unterblieben. Es sei unklar, ob das jetzt noch zulässig sei.
Damals war dem Generalplaner PG BBI gekündigt worden, Mitarbeiter dieser Planungsgemeinschaft wurden aber umgehend wieder beschäftigt. Flughafen-Geschäftsführer Horst Amann sagte, möglicherweise müssten Aufgaben für 20, 30 oder 40 Ingenieure neu ausgeschrieben werden.
„Wir haben nicht nur mit der Entrauchungsanlage Probleme, sondern wir haben sehr viele Themen dort draußen“, sagte Manninger. Wie Vertreter der Firmen Bosch und Siemens berichtete er von zahlreichen Umplanungen seit dem Baubeginn 2006. „Jetzt wäre eine flächendeckende Bestandsaufnahme sinnvoll“, sagte Manninger. Was gebaut wurde, weiche zum Teil erheblich von den Plänen ab.
Bosch-Manager Ribinski wies die Verantwortung für das Flughafendebakel der Projektsteuerung zu. Manninger hingegen sagte, die frühere Geschäftsführung habe die Vorgaben zu häufig geändert. Im März 2012 habe er die Flughafenchefs informiert, „dass die Eröffnung am 3. Juni extremst gefährdet ist“.