Lebensversicherer vor Einschnitten

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will zur Stabilisierung der Lebensversicherer und zum Schutz ihrer Kunden vor allem die Unternehmen stärker an die Kandare nehmen.

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Es gehe um Verbraucherschutz, die Sicherung der Ansprüche der Kunden sowie um zugesagte langfristige Garantien, aber nicht um die Besserstellung der Unternehmen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Michael Meister (CDU), am Dienstag in Berlin: „Denen wird nichts gegeben.“

Die Branche müsse einen Beitrag leisten, damit das Ansehen der Lebensversicherungen trotz Niedrigzinsen gewahrt bleibe. Aber auch die Eigentümer der Unternehmen würden herangezogen, sagte Meister zu den Plänen der Koalition.

Demnach müssen sich Versicherer darauf einstellen, dass sie Kunden stärker an Überschüssen und Risikogewinnen beteiligen: „Die Lage der Versicherten wird an dieser Stelle verbessert und nicht verschlechtert.“ Ausgelotet werde auch eine Ausschüttungssperre: „Das heißt im Klartext, dass die Anteilseigner bei den Unternehmen, wo die Erfüllbarkeit von Garantiezusagen infrage steht, eben keine Dividendenzahlungen mehr erwarten können.“ Dies dürfte aus Sicht von Meister „eine ganze Reihe“ von Unternehmen betreffen.

Zudem sollen das Risikomanagement stärker unter die Lupe und die Eingriffsrechte der Finanzaufsicht gestärkt werden. Verlangt würden unter anderem vorausschauende Unternehmenspläne. Auch soll bewirkt werden, dass Unternehmen die Abschlusskosten bei Policen senken. Bei Vertragsabschluss sollen Provisionen offen gelegt werden.

Entlastet werden sollen Versicherer dagegen bei der Ausschüttung sogenannter Bewertungsreserven. Hier muss ein kleinerer Kundenteil mit Einbußen rechnen. Bei dem Hilfspaket geht es laut Meister um eine faire Verteilung stiller Reserven der Versicherer zwischen Alt- und Neukunden beziehungsweise auslaufenden und bestehenden Verträgen: „Das Prinzip garantierter Leistungen für die Versichertengemeinschaft muss Vorrang haben vor der Rendite für einzelne Versicherungsnehmer.“ Details ließ Meister offen.

Bisher sind Versicherer verpflichtet, Kunden, deren Police ausläuft, an den Bewertungsreserven - also den Kursgewinnen der Kapitalanlagen - zu beteiligen. Bei Kündigung oder regulärem Ablauf müssen Kunden zur Hälfte an den stillen Reserven beteiligt werden.

Es geht um Bewertungsreserven bei festverzinslichen Papieren. Deren Buchwerte sind derzeit besonders hoch, weil hoch verzinste Papiere, die Unternehmen vor Jahren erworben haben, wegen der Niedrigzinsen deutlich im Kurs gestiegen sind. Die Versicherer müssen nun immer mehr der hochprozentigen Papiere verkaufen, um Kunden mit auslaufendem Vertrag zu beteiligen. Garantieleistungen und Überschussbeteiligungen der Kunden sollen nicht angetastet werden.

In Deutschland gibt es rund 95 Millionen Lebensversicherungen. Davon werden jährlich etwa sieben Millionen ausgezahlt. Kritikern warf Meister vor, zugunsten einer sehr kleinen Gruppe Stimmung zu machen auf dem Rücken der großen Zahl der Versicherten. Der Bund der Versicherten etwa vertrete damit ein kleine Lobbygruppe.

Um Kunden künftig stärker an Risikogewinnen zu beteiligen wird laut Meister überlegt, den Mindestbeteiligungssatz von 75 auf 90 Prozent anzuheben. 2012 sei es hier um ein Volumen von 800 Millionen Euro gegangen. Bei diesen Risikogewinnen handelt es sich nicht um Erlöse aus riskanten Geschäften, sondern um Erträge, die sich durch eine vorsichtige Kalkulation der Versicherungsunternehmen ergeben.

Meister verwies auf einen Bericht der Bundesbank von 2013, wonach bei lang anhaltenden Niedrigzinsen ein beachtliches Gefährdungspotenzial bestehe und bis zum Jahr 2023 mehr als ein Drittel der Versicherer nicht mehr die Kapitalanforderungen erfüllen dürfte. Betroffen wären damit 32 Unternehmen in Deutschland mit einem Beitragsanteil von 43 Prozent bezogen auf das Jahr 2012. Mit Blick auf die Bundesbank-Warnungen betonte er: „Hier ist nicht die Politik plötzlich aktiv geworden.“