Leerverkäufe: Was bringt ein Verbot?

Finanzminister Schäuble will hoch spekulativen Wetten auf fallende Kurse einen Riegel vorschieben.

Berlin. Zwei Wochen nach dem umstrittenen deutschen Alleingang weitet die Bundesregierung das Verbot für riskante Börsenwetten aus. Künftig sollen in Deutschland alle "ungedeckten Leerverkäufe" untersagt werden.

Das Kabinett beschloss einen Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Hoch spekulativen Wetten von Investoren auf fallende Kurse wird damit ein weiterer Riegel vorgeschoben. Übertreibungen und ein Missbrauch sollen verhindert werden, verteidigte Schäuble die Pläne. Ziel ist es, das Gesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden.

Berlin prescht damit erneut mit einer nationalen Regelung vor. Ziel ist dabei auch, die Debatte in Europa zu beschleunigen. Die EU-Kommission will ihre Vorschläge zu Leerverkäufen erst im Oktober vorlegen. Der deutsche Schritt hat ein geteiltes Echo ausgelöst.

Was spricht für ein Leerverkaufs-Verbot und was spricht dagegen?

Für Kritiker sind Leerverkäufe schlicht "Massenvernichtungswaffen" oder "Brandbeschleuniger". Grundsätzlich sei es ja okay, auf fallende Kurse zu wetten. Bei ungedeckten Leerverkäufen aber handelten Investoren mit Papieren, die sie sich noch nicht einmal geliehen haben. Das geht, weil eine Lieferpflicht für Aktien meist erst nach Tagen besteht. So könnten die Zocker ohne viel eigenes Geld Kurse in den Keller schicken.

Schäuble findet, das sei ein bisschen so wie beim Fußball-Wettskandal - wenn Akteure versuchten, den Ausgang des Matches zu manipulieren, müssten die Spielregeln eben verschärft werden. Solche Auswüchse hätten das Vertrauen in die Finanzmärkte erschüttert. Spekulanten hätten gegen Euro-Länder gewettet - und die Turbulenzen der Währung deshalb "noch einmal eine neue Dimension erreicht".

Börsenprofis werfen der Regierung vor, die Bürger hinters Licht zu führen. Die Politiker wollten vom eigenen Versagen und der dramatischen Verschuldung einiger Euro-Länder ablenken. Die Schuld solle ominösen Spekulanten in die Schuhe geschoben werden.

Die Regierung selbst räumt ein, dass die Schieflage an den Märkten und der Kursrutsch des Euro nur möglich war, weil Griechenland, Spanien oder Portugal jahrelang auf Pump lebten und so für Spekulationen erst anfällig wurden.

Experten schütteln zudem den Kopf, dass Schäuble in Europa allein vorgeprescht ist und auch nur einen kleinen Teil dieser riskanten Geschäfte verbietet. Der Großteil von Spekulationsgeschäften mit Währungsprodukten finde gar nicht an den deutschen Börsen statt, sondern direkt zwischen Banken und Investoren. Die Finanzaufsicht BaFin könne das alles unmöglich prüfen.

Clevere Investoren würden außerdem jetzt einfach einen Bogen um deutsche Marktplätze machen und noch mehr Leerverkäufe in London, New York oder Shanghai einfädeln.