Leo Kirch — der „Herr der Filme“
Der Medienmogul legte im Alter von 29 Jahren den Grundstein für sein Imperium. Am Donnerstag starb Leo Kirch.
München. Leo Kirch hat hoch gepokert und viel verloren. Aus eigener Kraft hat der Sohn eines fränkischen Winzers aus Volkach einen der mächtigsten Film- und Fernsehkonzerne Europas mit fast 10 000 Beschäftigten aufgebaut.
Den Grundstein legte er im Alter von 29 Jahren mit dem Erwerb der Filmrechte an dem Fellini-Klassiker „La Strada“. Doch im Frühjahr 2002 musste Kirch mit 75 Jahren zusehen, wie sein Lebenswerk zerbrach: Die Kirch-Gruppe war pleite.
Umwerfen ließ sich Kirch davon aber nicht. „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen“, sagte der gläubige Katholik lakonisch und mischte in den folgenden Jahren trotz gesundheitlicher Probleme infolge von Diabetes aus seinem Münchner Stadtbüro im Verborgenen in der Medienbranche mit. „Kirch ist bis zum letzten Atemzug Unternehmer“, sagte ein langjähriger Vertrauter über ihn. Am Donnerstag starb Leo Kirch im Alter von 84 Jahren im Kreise seiner Familie.
Jahrzehntelang war Kirch die graue Eminenz der Medienlandschaft. Kirch galt als unersättlich, gewieft und risikobereit — eine Kombination, die nicht nur seine Gegner fürchteten. Sein Vermögen wurde zu Glanzzeiten auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Auch in der Öffentlichkeit mischte sich die Bewunderung für den „Herren der Filme“ mit einer Furcht vor einem übermächtigen „Big Brother“ aus Bayern.
Durch seine Zurückhaltung in der Öffentlichkeit — lange Zeit gab es nicht einmal Fotos von ihm — wurde der Mythos noch verstärkt. Einen seiner wenigen öffentlichen Auftritte hatte Kirch im Mai 2008 als Trauzeuge bei der zweiten Hochzeit von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl, mit dem er befreundet war.
Sein Imperium brach 2002 wie ein Kartenhaus zusammen. Kirch hatte es nicht geschafft, mit seinem Traum vom Bezahlfernsehen Geld zu verdienen. Die Milliardeninvestitionen in den Abo-Sender Premiere und das riskante Engagement in der Formel 1 wurden ihm zum Verhängnis. Kirch verabschiedete sich in einem Brief von den Mitarbeitern, dankte ihnen für die treue Zusammenarbeit und wünschte „Gottes Segen“.
Für die Insolvenz machte Kirch den früheren Deutsche- Bank-Chef Rolf Breuer verantwortlich, der sich in einer kritischen Phase öffentlich über die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe geäußert hatte. „Erschossen hat mich der Rolf“, sagte der Medienmogul später.
Kirch überzog Breuer und die Deutsche Bank mit Klagen, in denen er milliardenschweren Schadenersatz forderte. Im März trafen die beiden in einem Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht erstmals aufeinander. Kirch saß im Rollstuhl, machte dabei aber einen fast vergnügten Eindruck.