Entlastungen Lindner positioniert sich klar zu Fortsetzung von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket

Berlin · Was passiert nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets Ende August? Steigen die Preise dann wieder? Der Finanzminister findet klare Worte.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat nach den ersten Wochen des Tankrabatts eine positive Bilanz gezogen. Eine Fortsetzung des Rabatts bezweifelt er jedoch.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat Erwartungen gedämpft, dass es für Tankrabatt und 9-Euro-Ticket im September Anschlussregeln geben könnte.

„Wir können nicht auf Dauer gestiegene Preise für das importierte Öl, die Entwicklung des Dollar und die Knappheiten bei Raffinerien mit Staatsgeld ausgleichen“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Beide Entlastungen dauern bis Ende August.

Lindner sagte, mit dem 9-Euro-Ticket sei auch die wichtige Wirkung des Preissignals aufgehoben worden. „Schritte in Richtung des kostenfreien ÖPNV sind kritisch, weil Knappheiten dann nicht über den Preis gesteuert werden können“, meinte Lindner. Es bestünde die Gefahr, dass ohne Preise Kapazitäten unnötig und übermäßig genutzt würden.

Verkehrsbranche kritisiert Lindners Äußerungen

Die Verkehrsbranche reagierte mit Kritik. Ingo Wortmann, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, erklärte am Montag: „Die Bundesregierung kommt aktuell schon ihren finanziellen Zusagen aus dem Koalitionsvertrag nicht nach und zudem explodieren auch in unserer Branche seit Monaten die Kraftstoff- und Energiekosten. Wenn diese Themen nicht schnellstens gelöst werden, dann diskutieren wir nicht über die Fortsetzung eines 9-Euro-Tickets, sondern über Angebotseinschränkungen im ÖPNV ab Herbst“.

Wortmann sagte, allen Beteiligten in Branche, Bund und Ländern sei klar, dass das 9-Euro-Ticket eine einmalige Entlastungsmaßnahme für die Bürgerinnen und Bürgern sei. „Wir haben in der Branche auch keinerlei Rücklagen, um so etwas aus eigener Kraft zu stemmen.“ Die vom Bund angesprochenen Knappheiten spüre die Branche mit voller Wucht, es drohten bereits erste Insolvenzen. „Der Bund ist daher gefordert, einerseits die Preissteigerungen für die Verkehrsunternehmen abzufedern und andererseits die Regionalisierungsmittel - wie im Koalitionsvertrag verankert - noch in diesem Jahr anzuheben, damit das Erreichen der Klimaschutzziele nicht unrealistisch wird.“

Länder fordern mehr Geld vom Bund

Auch die Länder fordern seit langem mehr Geld vom Bund. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will aber erst Ergebnisse einer Arbeitsgruppe zu Strukturrefomen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) abwarten.

Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Dorothee Martin, sagte der dpa, es sei klar, dass das 9-Euro Ticket nicht auf Dauer beibehalten werden könne. „Um den ÖPNV attraktiver zu machen, brauchen wir auch ein besseres Angebot und eine einfache, kostengünstige Nutzbarkeit. Erfahrungen aus anderen Ländern haben gezeigt, dass das die Voraussetzung für einen stärkeren Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ist. Wir müssen die Ergebnisse des 9-Euro-Tickets erst einmal abwarten und aus der Evaluation unsere Schlüsse ziehen. Klar ist aber schon jetzt: Ein stärkerer ÖPNV ist ein Schlüssel für eine klimafreundliche Verkehrspolitik. Um den ÖPNV wirklich zu stärken, brauchen wir dauerhaft und verlässlich mehr Mittel und eine transparente Mittelverwendung.“

Das DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte zu den Aussagen Lindners: „Statt jetzt wieder die Zauberkräfte des Marktes zu beschwören, sollte die Bundesregierung die gewonnenen Erkenntnisse aus Tankrabatt und 9-Euro-Ticket in dauerhafte Lösungen übersetzen. Millionen Bundesbürger warten darauf, dass der öffentliche Verkehr saniert und ausgebaut, digitalisiert, personell gut und qualifiziert ausgestattet wird und bezahlbar ist. Das ist der Auftrag an die Bundesregierung.

Dafür müssten Verkehrs- und Finanzminister jetzt die Weichen stellen. „Stattdessen scheinen sie das Abstellgleis zu suchen. Das nährt den Verdacht, dass Lindner bloß die Schuldenbremse für 2023 retten will“, so Körzell. Das zeigt wieder einmal: Die Schuldenbremse ist nichts weiter als eine Investitions- und Zukunftsbremse. Ohne Investitionen in Infrastruktur und Personal ist die Verkehrswende nicht zu schaffen.“

Lindner setzt auf Steueranpassungen

Lindner pocht darauf, dass im Bundesetat 2023 die in der Corona-Pandemie ausgesetzte Schuldenbremse wieder eingehalten wird. Allerdings gibt es Stimmen bei den Koalitionspartnern SPD und Grüne, die das in Frage stellen.

Der FDP-Politiker setzt als staatliche Entlastungsmaßnahme im kommenden Jahr auf höhere Leistungen für Grundsicherungsempfänger sowie eine Anpassung der Lohn- und Einkommensteuer an die Inflation.

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(dpa)