Maschinenbau wächst kräftig: Sorge vor Krisenfolgen

Frankfurt/Main (dpa) - Der deutsche Maschinenbau bleibt auf Wachstumskurs, sieht den Boom aber zunehmend gefährdet. „Es geht nicht mehr so steil bergauf. Wir können nicht ignorieren, was um uns herum passiert“, sagte der Chefvolkswirt des Branchenverbands VDMA, Ralph Wiechers, am Dienstag in Frankfurt.

Er verwies vor allem auf die Staatsschuldenkrise im Euroraum: „Das Problem ist die aktuelle Verunsicherung derjenigen, die über Investitionen entscheiden. Wir sehen, dass die Finanzkrise nicht so schnell gelöst werden kann.“

Noch seien die Bücher voll und die Investitionstätigkeit auf hohem Niveau. „Die Grundstimmung ist hervorragend, aber es ziehen immer wieder Gewitterwolken auf, die Hagelschauer erwarten lassen“, sagte Wiechers.

Im April lag der Auftragseingang im deutschen Maschinen- und Anlagenbau nach VDMA-Angaben real 22 Prozent über dem Ergebnis des Vorjahres. Das Inlandsgeschäft stieg um 16 Prozent, das Auslandsgeschäft um 26 Prozent. „Die hohen Zuwachsraten verschleiern eine sich vor allem im Auslandsgeschäft anbahnende Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau“, sagte der VDMA-Ökonom: „Die vielfältigen geopolitischen und wirtschaftlichen Belastungen zeigen offenbar Wirkung. Ob dauerhaft oder nur temporär, wird sich in den nächsten Monaten erweisen.“

Noch verzeichne die Branche mit zuletzt 917 000 Beschäftigten einen leichten Zuwachs gegenüber den letzten Monaten des Vorjahres, es zeichne sich aber eine leichte Beruhigung ab. Im Dreimonatsvergleich, der weniger von kurzfristigen Schwankungen beeinflusst ist, ergibt sich von Februar bis April 2011 ein Orderplus von 26 Prozent im Vorjahresvergleich.

Die Produktion lag im ersten Quartal des Jahres um 17,5 Prozent über dem Niveau vom Vorjahr. Der deutsche Maschinenbau profitiere vom deutschen Wachstum und sei ein wesentlicher Teil des Wachstums, sagte Wiechers. Er profitiert, weil die Kunden aus den andere Branchen investieren, wenn es bei ihnen aufwärtsgeht.

Neben den geopolitischen Sorgen drücken zunehmend auch Materialengpässe bei den Zulieferern auf die Stimmung: „Der Aufschwung ging so stürmisch vonstatten, dass es Engpässe gibt.“ Jedes vierte Unternehmen im Maschinenhandel berichte mittlerweile über konkrete Produktionsbehinderungen, weil die Zulieferungen nicht kämen und sie nicht so viel produzieren könnten wie sonst.

Insgesamt hält der Branchenverband trotz der wachsenden Risiken an seiner Jahresprognose fest. „Unser Auftragsbestand reicht für die nächsten fünf Monate, niemand rechnet mit einem abrupten Abbruch. Die Bücher sind voll und wir haben jede Menge Projekte in der Pipeline“, betonte Wiechers. Nach der Prognose wird die Produktion im Maschinen- und Anlagenbau im Gesamtjahr 2011 um 14 Prozent zulegen.

Wird das Ziel erreicht, liegt das Produktionsniveau in der konjunktursensiblen Branche zum Jahresende noch sechs Prozent unter dem Vorkrisenniveau aus dem Rekordjahr 2008. Die deutsche Wirtschaft insgesamt hatte bereits im ersten Quartal 2011 neue Rekordwerte erzielt.

Das Produktionswachstum soll sich auch auf die Zahl der Beschäftigten in der stark exportorientierten Branche durchschlagen: Der VDMA rechnet im Gesamtjahr 2011 mit 20 000 neuen Jobs in der Industrie. Im März hatten die Betriebe gegenüber Dezember 2010 bereits 4000 neue Stellen geschaffen.