Medienunternehmer Leo Kirch ist tot

München (dpa) - Als einer der mächtigsten deutschen Film- und TV-Manager schrieb er einst Mediengeschichte - nun starb Leo Kirch im Alter von 84 Jahren im Kreis seiner Familie.

Der einst einflussreiche Chef der Kirch-Gruppe mit ihren Fernsehsendern ProSieben und Sat1 sei nach langer Krankheit am Donnerstag friedlich verstorben, teilte seine Familie in München mit. „Wir sind sehr traurig.“ Politiker und Medienmanager äußerten großen Respekt vor dem Lebenswerk Kirchs.

Leo Kirch war über Jahrzehnte einer der bedeutendsten Medienunternehmer in Deutschland. Auch nach der Pleite seiner weit verzweigten Firmengruppe im Jahr 2002 ließ er sich nicht unterkriegen und führte - fast blind und im Rollstuhl - einen erbitterten Kampf gegen die Deutsche Bank, die er für den Zusammenbruch seines Imperiums verantwortlich machte. Seinen letzten großen Auftritt hatte er vor wenigen Monaten in einem Prozess gegen die Deutsche Bank in München.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) würdigte Kirch als einen der Gründungsväter des Privatfernsehens in Deutschland. „Leo Kirch hat als herausragender Medienunternehmer und Visionär die deutsche Film- und Fernsehlandschaft nachhaltig geprägt“, erklärte er in Berlin. Sein unternehmerisches Handeln sei immer von einer großen Leidenschaft für den Film geprägt gewesen.

Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl schrieb in einem Nachruf in der „Bild“-Zeitung (Freitag): „Er war ein wagemutiger Unternehmer, er hat bis heute unerreichte Maßstäbe gesetzt.“ Der 81 Jahre alte Ex-Kanzler und Kirch waren persönlich befreundet. Einen seiner wenigen öffentlichen Auftritte hatte Kirch im Mai 2008 als Trauzeuge bei der zweiten Hochzeit Kohls. „Ich habe, wir haben einen wirklichen Freund verloren - einen, der einfach und immer da war, in guten Zeiten, aber auch in schwierigen Zeiten, wenn es mir, wenn es uns einmal nicht so gut ging“, schrieb Kohl.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bezeichnete Kirch als einen mutigen Unternehmer mit Visionen, der viele Entwicklungen in den Medien angestoßen habe. „Die Lebensleistung und Selbstdisziplin von Leo Kirch erfüllen uns alle, Freunde und Kritiker, mit Respekt.“ Kirch sei vom Filmhändler zum Motor des privaten Rundfunks in Deutschland geworden. Die ARD-Vorsitzende Monika Piel nannte Kirch einen Visionär und „Mann der ersten Stunde, der die deutsche Medienlandschaft nachhaltig geprägt hat“.

Als junger Mann hatte Kirch aus dem Nichts einen der größten Film- und Fernsehkonzerne Europas mit fast 10 000 Beschäftigten aufgebaut. Neben der größten Spielfilm-Sammlung mit weit über 10 000 Titeln sowie rund 40 000 Stunden Serien gehörten ihm früher die Fernsehsender ProSieben, Sat1, N24 und DSF.

Bei der rasanten Expansion ging Kirch immer wieder mal das Geld aus. Doch mit Hilfe seiner guten Kontakte zu Banken und politischen Schaltstellen beschaffte sich der gewiefte Geschäftsmann mehrfach milliardenschwere Kapitalspritzen. Besonders auf seine guten Beziehungen in Bayern konnte er sich jahrzehntelang verlassen.

Am Ende aber hatte Kirch vor allem zu viele Milliarden in den Bezahlsender Premiere gepumpt, der heute als Sky Deutschland weiter besteht, und musste Insolvenzantrag stellen. Seit der Pleite machte Kirch den früheren Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, für den Niedergang verantwortlich und kämpfte in mehreren Prozessen gegen ihn und die Deutsche Bank. Breuer hatte wenige Monate vor der Pleite der Kirch-Gruppe 2002 in einem Interview die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt. Nach dem Interview hätten die Banken ihm kein Geld mehr gegeben, meinte Kirch.

Wenige Monate vor seinem Tod traf er erstmals im Gericht auf seinen Kontrahenten Breuer. Kirch war bei diesem Auftritt schon sichtlich krank. Er kam im Rollstuhl und hatte Mühe zu sprechen. Auf ärztlichen Rat brachen die Richter die Befragung schließlich ab. Kirch litt seit langem unter den Folgen von Diabetes und verlor schon vor Jahren einen Großteil seines Augenlichts. Trotzdem kam er auch noch nach der Pleite der Kirch-Gruppe fast täglich in sein Büro in der Münchner Innenstadt.

Wie es mit dem Prozess nun weitergehen wird, ist unklar. Das Oberlandesgericht München war am Donnerstag zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Da Kirch seine Prozesse nicht als Privatperson, sondern im Namen einer Firma geführt hat, können sie nach Einschätzung von Experten aber fortgesetzt werden. Für seine Nachfolge habe Kirch schon vor Jahren gesorgt, sagte ein Vertrauter.