Merkel lehnt Euro-Ausschluss Athens ab
Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss weiter um eine eigene Mehrheit der schwarz-gelben Koalition für die umstrittene Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF bangen.
Zwar stimmten beide Regierungsfraktionen am Montagabend in Berlin für die Einbringung des Gesetzentwurfs zur EFSF-Reform. Allerdings gab es in der Union nach Fraktionsangaben zwölf Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen. Bei den Liberalen stimmten zwei Abgeordnete dagegen, vier enthielten sich.
Damit ist derzeit eine eigene Mehrheit von Schwarz-Gelb bei der Abstimmung des Bundestages Ende September weiter offen. Die Kanzlerin zeigte gleichwohl zuversichtlich, dass ihre Koalition die Reform aus eigener Kraft durchsetzen könne. Insgesamt gilt die Zustimmung des Bundestages durch ein Ja von SPD und Grünen aber als sicher.
Forderungen nach einem Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone wiesen Merkel und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy klar zurück. „Ich glaube, dass wir damit einen Domino-Effekt einleiten könnten, der außerordentlich gefährlich für unser Währungssystem ist“, sagte Merkel. Sie traf am Abend in Berlin mit Van Rompuy zusammen, um über Vorschläge für ein besseres Krisenmanagement zu beraten. Zuvor sagte Van Rompuy, für ihn sei ein Austritt Athens tabu.
Wachsenden Unmut im schwarz-gelben Regierungslager gibt es aber nicht nur über die schleppenden Reformfortschritte in Athen, sondern auch über die Abstriche am Sparprogramm der italienischen Regierung.
Die Kanzlerin betonte, es sei wichtig, dass Griechenland seine Zusagen einhalte. Vor der Unionsfraktion sagte die CDU-Vorsitzende am Abend laut Teilnehmern, wenn Griechenland nicht das tue, was die Prüfer der „Troika“ aus EU, EZB und IWF wollen, werde es keine neuen Mittel geben - weder aus dem laufenden noch einem neuen Hilfspaket.
Zum mangelnden Sparwillen in Rom sagte die Kanzlerin den Angaben zufolge, es sei „keine gute Sache“, dass der Anschein erweckt werde, dass Versprechen nicht eingehalten werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rief die Unionsabgeordneten zur Geschlossenheit auf. Er pochte erneut auf weitere Reformen in der EU mit dem Ziel der politischen Union. Die Märkte würden erst dann dauerhaft zur Ruhe kommen, wenn es durchgreifende Reformen in Europa gebe.
Nach den Worten von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso steht Griechenland zu seinen Zusagen gegenüber den Europartnern. „Sie haben gerade einige wichtige Hinweise gemacht, dass sie ihre Verpflichtungen einhalten werden“, erklärte Barroso.
Der EFSF-Fonds soll neue Instrumente erhalten und mit einem auf 780 Milliarden Euro aufgestockten Garantierahmen schlagkräftiger werden. Deutschland schultert davon 211 Milliarden Euro - notfalls bis zu 253 Milliarden Euro, wenn ein klammes Euro-Land als Bürge ausfällt.
Die Euro-Hilfen und die Griechenland-Probleme beherrschen auch die an diesem Dienstag beginnenden Haushaltsberatungen des Bundestages. Sie dürften auch die Generaldebatte an diesem Mittwoch dominieren, in der Koalition und Opposition über den Regierungskurs streiten.
Zusätzliche Brisanz ist zu erwarten, wenn am Mittwoch auch das Bundesverfassungsgericht über die bisherigen Griechenland- und Euro-Hilfen entscheidet. Es wird damit gerechnet, dass die Karlsruher Richter weitere Vorgaben zur Parlamentsbeteiligung machen. Auch Union und FDP wollen zusätzliche Beteiligungsrechte durchsetzen.
An diesem Dienstag berät Schäuble mit seiner finnischen Kollegin Jutta Urpilainen sowie dem Niederländer Jan Kees de Jager über das zweite Hilfspaket für Athen. Finnland pocht auf Zusatz-Garantien und blockiert das Paket. Aus Regierungskreisen in Helsinki verlautete, der finnischen Ministerpräsident Jyrki Katainen werde über den Streit kommende Woche auch mit Merkel beraten. Berlin lehnt Sonderregeln einzelner Euro-Partner zulasten der anderer Länder ab.
Die Auszahlung der nächsten Milliarden-Kredittranche an Griechenland aus dem ersten Hilfspaket ist offen. Die „Troika“ aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) war vorzeitig aus Athen abgereist. Ohne positives Votum ist die Auszahlung der im September fälligen 12-Milliarden-Tranche aus dem „alten“ Hilfsprogramm gefährdet.