Höhere Preise Mittelständler: Britischer Konsument zahlt Preis für Brexit
London (dpa) - Der geplante Austritt Großbritanniens aus der EU trifft nach Ansicht der Familienunternehmer in Deutschland vor allem die britischen Verbraucher hart. Das machten Vertreter deutscher Mittelständler bei einem Besuch in London deutlich.
Einbußen aufgrund des Verfalls des britischen Pfunds würden von den Herstellern deutscher Industrieprodukte durch höhere Preise ausgeglichen. Die britischen Verbraucher könnten kaum auf Alternativen ausweichen, weil im Vereinigten Königreich nur wenige Waren hergestellt würden.
Für die Brexit-Verhandlungen riefen die Unternehmer zu Kompromissen auf: „Beide Seiten sollten angesichts der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen davon absehen, politische Exempel zu statuieren“, sagte Alfons Schneider von der Stiftung Familienunternehmen am Dienstagabend vor Journalisten in der Deutschen Botschaft in London. Großbritannien solle, ähnlich wie Norwegen, einen Status als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums anstreben, zumindest aber in der Zollunion bleiben. Beides lehnt die Regierung in London bislang ab.
Hoffnungen britischer Politiker, die deutsche Industrie werde Druck auf die Bundesregierung ausüben, um ein Handelsabkommen auch ohne Kompromisse von Seiten der Briten zu erreichen, erteilten die Unternehmer eine Absage. „Das ist ein Wunschtraum“, sagte Nikolas Stihl, Beirats- und Aufsichtsratsvorsitzender des Motorsägenherstellers Stihl.
Sollten die Briten - wie geplant - aus dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion austreten, rechnen die Unternehmer mit schwerwiegenden Folgen auch für die deutsche Industrie. Vor allem ein Wegfall der Arbeitnehmerfreizügigkeit würde die Anwerbung gut ausgebildeter Fachkräfte in Großbritannien erschweren. Schon jetzt entstehe wegen der fehlenden Planungssicherheit Schaden für die Wirtschaft.
Schwerwiegende Folgen fürchten die Familienunternehmen auch durch zusätzliche Steuerlasten nach dem Brexit. Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs könnten für Angehörige von Unternehmerfamilien, die ihren Wohnsitz in Großbritannien haben, erhebliche Wegzugssteuern anfallen, warnte Schneider. Die Erbschaftssteuer könnte im Extremfall sogar „existenzbedrohend“ zu Buche schlagen, sollten Arbeitsplätze in Großbritannien nicht mehr als steuermindernd berücksichtigt werden.
Nach Angaben der Stiftung Familienunternehmen haben rund 2500 deutsche Unternehmen Niederlassungen und Tochterfirmen in Großbritannien. Sie beschäftigen etwa 400 000 Menschen.