Mehr staatliche Hilfe Nationale Industriestrategie - Altmaier setzt auf „Made in Germany“

Berlin · Der Bundeswirtschaftsminister will notfalls mehr staatliche Eingriffe, um Übernahmen etwa aus China zu stoppen. Außerdem sollen deutsche Weltmarktführer in der Industrie der Zukunft heranwachsen.

Vor der Hauptstadtpresse: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat zur Vorstellung seiner Industriestrategie geladen.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will mit verstärkter staatlicher Hilfe Arbeitsplätze in Deutschland sichern und den Rahmen bereiten für den Aufbau neuer Großkonzerne. Feindliche Übernahmen sollen notfalls über staatliche Beteiligungen verhindert werden. In sehr wichtigen Fällen könne der Staat „für einen befristeten Zeitraum als Erwerber von Unternehmensanteilen auftreten“, betont Altmaier in der am Dienstag in Berlin vorgestellten „Nationalen Industriestrategie 2030“. Dafür komme die Schaffung eines Fonds in Betracht, heißt es in dem Papier.

Eine neue Industriestrategie soll vor Wettbewerbern schützen

Er sei bei den Überlegungen sehr geprägt von der Entwicklung bei dem Robotikhersteller Kuka, bei dem ein chinesisches Unternehmen nun das Sagen hat. Altmaier sagte, im Wettbewerb zwischen Asien, den USA und Europa sei das Schaffen von neuen „nationalen wie europäischen Champions“ notwendig. Altmaier will die Strategie nun mit Politik, Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften beraten. Am Ende soll eine neue Industriestrategie der Bundesregierung stehen.

Der Minister will auch durch verlässliche Rahmenbedingungen, wie vertretbare Energiepreise, niedrige Steuern und eine Abgabenlast unter 40 Prozent Konzerne in Deutschland stärken und angesichts der Konkurrenz gerade mit China die Weichen für einen Erhalt von Wohlstand und Arbeitsplätzen stellen. Es sei Anlass zur Sorge, dass in Deutschland kaum noch neue Großkonzerne entstehen, „stattdessen frühere Weltmarktführer wie AEG oder Grundig schon lange ihre Stellung verloren haben“, heißt es in dem Papier. In den USA und China seien dagegen „in den letzten 20 Jahren zahlreiche neue große Weltmarktkonzerne entstanden.“ Dadurch entstehe neue Wertschöpfung.

„Mit viel Liebe geschrieben“: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) präsentiert die „Nationale Industriestrategie 2030“.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Altmaier gab als Ziel aus, dass der Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung bis 2030 auf 25 Prozent und in der EU auf 20 Prozent steigen soll. Er wandte sich gegen Vorwürfe, dass der Staat hier zu sehr eingreifen wolle. „Wir haben in letzter Zeit zu viel über die kleinen Fragen dieses Landes diskutiert und zu wenig über die großen Fragen.“ Ohne China beim Namen zu nennen, sprach er von einem aggressiven Auftreten einiger Staaten. Die Bundesregierung hat als Antwort auf einen versuchten Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns beim großen Stromnetzbetreiber 50Hertz bereits die Hürden für Einstiege in sensiblen Branchen erhöht.

Es gebe eine gewaltige Dynamik in den neuen Industriezweigen, etwa bei der Elektromobilität, der Digitalisierung und bei der Künstlichen Intelligenz, der nach Meinung von Experten „größten Innovation seit Erfindung der Dampfmaschine“. Wer die Entwicklung verschlafe, werde „die verlängerte Werkbank der Anderen sein“. Zugleich betonte er: „Ich bin ein überzeugter Anhänger der sozialen Marktwirtschaft, und ich bin ein Bewunderer von Ludwig Erhard.“

Untersagte Fusion Siemens/Alstom kommt zur Unzeit

In Deutschland führt er als Vorbilder Siemens, ThyssenKrupp, die Autohersteller und die Deutsche Bank an, als Erfolgsgeschichte auf EU- Ebene den Flugzeugbauer Airbus. Um deren Zukunft zu sichern, sollen Fusionen und Übernahmen leichter möglich sein. Da kamen die Nachrichten aus Brüssel gestern zur Unzeit: Die geplante Zugfusion von Siemens und Alstom wird wohl wegen Bedenken der EU-Kommission untersagt. Das verlautete gestern aus informierten Kreisen. Altmaier betonte, gerade in die Zuginfrastruktur in Europa müsse massiv investiert werden. Schon früher gab es Versuche für Bündnisse zwischen Politik und Industrie, nun will Altmaier eine dauerhafte Staatsstrategie. Man müsse vom passiven Beobachter einer Entwicklung wieder zu einem Gestalter und Akteur werden. „Das ist unser Anspruch.“

Es gehe darum, Wertschöpfung im Land zu stärken, im Autosektor zum Beispiel durch einen finanziellen Anschub für den Aufbau der Batteriezellenproduktion in Deutschland. Altmaier, der als Umweltminister mit solchen groß angekündigten Aufschlägen wie dem Konzept einer Strompreisbremse wenig erfolgreich war, zeigte sich optimistisch für die Umsetzung seiner neuen Vorschläge. Das Papier sei „mit viel Liebe und Nachdenken geschrieben“ worden.