Neu eingeführte Entgelte: Die Bausparer zur Kasse gebeten

Eine Bausparkasse führt ein jährliches Entgelt für die Kontoführung ein — ist das rechtens? Und was rät der Verbraucherexperte?

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Düsseldorf. „In einem laufenden und unter bestimmten Bedingungen abgeschlossenen Vertrag kann man nicht einfach neue Entgelte einführen. Wo kämen wir da hin?“ Ein Satz aus der zornig geschriebenen Mail eines Lesers an seine Bausparkasse. Was ihn so auf die Palme gebracht hatte, war die Ankündigung des Instituts, dass man nun „in der Sparphase bis zur vollständigen Auszahlung des Bausparguthabens ein jährliches Kontoentgelt in Höhe von 18 Euro einführen“ werde. Weiter heißt es da: „Die aktuelle Marktsituation und Zinsentwicklung lassen uns jetzt leider keine andere Möglichkeit mehr. Wir bitten daher um Ihr Verständnis.“ Und dann folgt noch der Satz, der unseren Leser zusätzlich verärgerte: dass die Neuregelung automatisch gelten solle, wenn er nicht von sich aus widerspreche.

Das Geschäft der Bausparkassen steht tatsächlich aufgrund der Niedrigzinsentwicklung unter erheblichem Druck. In den vergangenen Jahren haben die Bausparkassen von sich aus vielen ihrer Altkunden gekündigt und dies auch in diversen Gerichtsprozessen erfolgreich durchgefochten. Hintergrund: Lang laufende Altverträge mit hoher Guthabenverzinsung (inklusive Boni kam man leicht auf 4,5 Prozent) waren angesichts der nicht enden wollenden Nullzins-Phase eine Belastung für die Bausparkassen. Viele Kunden ließen ihre Verträge trotz Zuteilungsreife weiter laufen, um noch länger die attraktiven Zinsen zu kassieren.

Bei zuteilungsreifen und lange laufenden Verträgen gaben die Gerichte den Bausparkassen schließlich Recht — sie durften kündigen. Wenn der Vertrag noch nicht zuteilungsreif ist, sieht die Sache freilich anders aus. In eben dieser Anspar-Phase befindet sich auch unser Leser und möchte sich seine Rendite von drei Prozent nicht durch ein nachträglich eingeführtes Entgelt schmälern lassen.

Markus Feck, Finanzexperte der Verbraucherzentrale NRW, kennt das Problem. Bei der Frage, ob das von verschiedenen Bausparkassen eingeführte Kontoführungsentgelt oder Serviceentgelt zwischen zwölf und 24 Euro jährlich gerechtfertigt sei, müsse zunächst mal differenziert werden: zwischen der Anspar-Phase und der Darlehns-Phase (siehe Infokasten). Mit Blick auf Entgelte, die die Bausparkassen während der Darlehnsphase geltend gemacht haben, hat der Verbraucher gute Karten. Der Bundesgerichtshof (Az. XI ZR 308/15) hat Kontoführungs- oder Serviceentgelte hier für unzulässig erklärt.

Nicht entschieden vom höchsten Zivilgericht wurde jedoch der aktuelle Fall unseres Lesers, der angesichts geänderter Geschäftsbedingungen auch viele andere Kunden betrifft: dass nämlich bereits während der Anspar-Phase eine entsprechende neue Zahlungspflicht eingeführt wird.

Angesichts der hier nicht geklärten Rechtslage sieht Verbraucherschützer Feck den Kunden der „Macht des Faktischen“ ausgesetzt. Zwar könne ein Bausparer sich an den Ombudsmann wenden, also an eine Schlichtungsstelle der Bausparkassen. Aber ob er da mit seinem Protest durchkommt, sei fraglich. Komme es zum Streit, sei es schwierig, einen Anwalt zu bewegen, angesichts des geringen Streitwertes viel Arbeit in ein solches Verfahren zu stecken. Und wie ein Amtsgericht entscheiden werde, sei auch ungewiss. Eine Berufung sei in einem solchen Fall wegen des geringen Streitwerts dann auch nicht möglich. Feck überlegt daher, dass die Verbraucherzentrale ein entsprechendes Verhalten der Bausparkassen abmahnt, um so zu einer verbindlichen Entscheidung in der Angelegenheit zu kommen.

Der Verbraucherschützer hält es im Übrigen auch nicht für sauber, dass die Bausparkassen das Schweigen ihrer Kunden auf die geänderten Geschäftsbedingungen und damit das neu eingeführte Entgelt als Zustimmung deuten. Jurist Feck: „§ 675g Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der ein solches Schweigen des Verbrauchers ausnahmsweise als Zustimmung ansieht, bezieht sich auf Bankkonten, die dem Zahlungsverkehr dienen. Das gilt unserer Auffassung nach aber nicht für Bausparverträge mit ihrem bloß buchhalterischen Konto.“

Doch noch gibt es kein Abmahnverfahren, bis zu einer möglichen Entscheidung ist der einzelne Verbraucher auf sich selbst gestellt. Manch einer wird achselzuckend die neue Belastung seines Vertrages hinnehmen. Entweder, weil er das Schreiben nicht aufmerksam liest, oder weil er sich denkt, da könne man ja ohnehin nichts machen. Oder auch, weil er Verständnis für die Nöte der Bausparkasse hat.

Unser Leser hingegen sah sich die neue Geschäftsbedingung seiner Bausparkasse genau an. Da stand zum einen der Satz, dass er binnen sechs Wochen dem Entgelt widersprechen müsse, andernfalls gelte sein Schweigen als Zustimmung. Da stand aber auch: „Haben Sie Widerspruch eingelegt, bleibt es bei den bisherigen Regelungen.“

Übersetzen ließe sich das auch so: Bitte seien Sie mit unserer neuen Gebühr einverstanden. Wenn nicht, ist’s auch gut und alles bleibt beim Alten. So war es dann auch, die Bausparkasse hatte offenbar keine Lust auf Streit und antwortete: „Ihren Widerspruch haben wir in unseren Unterlagen vermerkt. Für Ihren Vertrag gelten weiterhin die bisherigen Bestimmungen. Zu viel belastete Entgelte werden wir unaufgefordert korrigieren.“

Wer sich zur Wehr setzt, sollte immer genau die Vertragsbedingungen studieren. Der Verbraucherzentrale sind nämlich auch schon Verträge untergekommen, in denen sich die Bausparkasse für den Fall des Widerspruchs ein Kündigungsrecht einräumt. In einem solchen Fall solle man den Nutzen eines Widerspruchs mit dem Risiko einer Kündigung abwägen, die ja den endgültigen Verlust des Vertrags mit seinem günstigen Guthabenzinssatz bedeuten könnte.