Neue Spekulationen über RAG-Einstieg bei ThyssenKrupp
Essen(dpa) - Neue Spekulationen über einen Einstieg der RAG-Stiftung beim angeschlagenen Industriekonzern ThyssenKrupp haben am Freitag für einen deutlichen Kursanstieg der Aktie gesorgt.
Ein Sprecher der RAG Stiftung sprach von einem „sattsam bekannten Gerücht“. Es gebe keine Gespräche, sagte er. ThyssenKrupp wollte die Spekulationen nicht kommentieren und verwies auf die noch ausstehende Entscheidung über eine Kapitalerhöhung. Die Börse reagierte dennoch positiv auf die Gerüchte - die Aktie legte bis zum Nachmittag um gut zwei Prozent zu.
Die „Süddeutsche Zeitung“ (Freitagausgabe) hatte zuvor einen Insider aus dem Umfeld von RAG-Chef Werner Müller mit den Worten zitiert: „Wenn wir von ThyssenKrupp oder von der Politik zu diesem Schritt gebeten werden, denken wir darüber nach“.
Die Bundesregierung habe bisher keine offizielle Anfrage zu einer möglichen Beteiligung der RAG-Stiftung am angeschlagenen Industriekonzern Thyssen Krupp erhalten, hieß es. „Von Seiten der ThyssenKrupp AG ist bislang keine entsprechende Bitte an das Bundeswirtschaftsministerium herangetragen worden“, sagte eine Sprecherin. Das gilt dem Vernehmen nach auch für die RAG-Stiftung.
Das Ministerium erklärte, die Stiftung habe einen in ihrer Satzung eindeutig definierten Zweck. „Es gibt keine Planungen der Bundesregierung oder der RAG, dies in irgendeiner Form zu ändern.“ Die Stiftung war 2007 vom Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen gegründet worden, um vornehmlich den Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau bis 2018 und die Milliarden-Folgeschäden zu finanzieren.
Zudem ist die Stiftung Mehrheitseigentümerin des Spezialchemie-Konzerns Evonik, der aus der RAG hervorgegangenen war. Im Kuratorium der Stiftung sitzen für den Bund unter anderem Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). ThyssenKrupp steckt wegen milliardenschwerer Fehlinvestitionen in Übersee in Geldnot. Vorstandschef Heinrich Hiesinger hatte deshalb im vergangenen Monat eine Kapitalerhöhung nicht mehr ausgeschlossen. Er will aber zunächst den genauen Finanzbedarf des Konzerns prüfen. Dafür wartet der Manager den Verkauf der defizitären Stahlwerke in Brasilien und den USA ab. Zudem möchte der Manager mehr Klarheit über ein vermutetes Kartell bei Autoblechen bekommen und die deshalb möglicherweise drohenden Strafen haben.
Eine Kapitalerhöhung ist eigentlich ein Tabuthema für ThyssenKrupp. Denn aller Voraussicht nach könnte dabei der Hauptaktionär, die Krupp-Stiftung, nicht mitziehen und ihre Sperrminorität von gut 25 Prozent einbüßen. Der Konzern würde seinen Schutz vor Übernahmen verlieren.