Niedriger Ölpreis erschwert Ausbau erneuerbarer Energien
Köln/Berlin (dpa) - Die weiter fallenden Ölpreise hemmen nach Ansicht von Fachökonomen den Ausbau der erneuerbaren Energien.
„Je niedriger die Preise fossiler Energien sind, umso teurer sind die alternativen Energien oder Effizienzmaßnahmen“, sagte Harald Hecking vom Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln der Deutschen Presse-Agentur. In Bereichen wie Wärme und Verkehr, wo Erdöl eine relevante Rolle spielt, hätten es die regenerativen Träger ohnehin schon schwer. „Je niedriger der Ölpreis ist, umso herausfordernder wird es, Erneuerbare in diesen Sektoren auszubauen“, meinte Hecking.
Öl sei in vielen Sektoren bisher kaum oder nur unter sehr hohen Kosten zu ersetzen, betonte der Energieökonom. Daher werde der Rohstoff sowohl im deutschen als auch im weltweiten Energiemix weiter sehr wichtig bleiben. Geplant ist eigentlich, dass der Ökostrom-Anteil bis 2050 auf 80 Prozent steigt. Ziel ist es, das Klima zu schützen und eine größere Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdgas und Erdöl zu erreichen.
Die Preise für ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI und des Nordsee-Öls Brent waren am Freitag jeweils unter 30 US-Dollar gefallen. Auf den Ausbau erneuerbarer Energien im Stromsektor habe dies keine Auswirkungen. „Hier sorgen eher die aktuell ebenfalls sehr niedrigen Gas- und Kohlepreise für Konkurrenz“, erklärte Hecking.
Er betonte zudem, die Talfahrt der Benzin- und Dieselpreise erschwere den von der Bundesregierung angestrebten Ausbau der Elektromobilität. Bis 2020 sollen eine Million E-Autos über Deutschlands Straßen rollen, derzeit sind es aber nur einige zehntausend. „Aufgrund der Niedrigpreise müsste die Politik noch höhere Förderungen für Elektromobilität durchsetzen und damit noch stärker in den Markt eingreifen, wenn sie am Ziel festhalten will“, meinte Hecking.
Ein Gewinner des Preissturzes seien Ölheizungen: „Im vergangenen Jahr konnte man in Deutschland bereits beobachten, dass Ölheizungen deutlich an Marktanteil gewinnen konnten.“ Jedoch werde die Quote kaum auf den Stand von vor 20 Jahren klettern, weil die Gesetzgebung immer striktere Werte für den CO2-Ausstoß im Wohnbereich vorsehe.
Obwohl Wirtschaft und Verbraucher in Deutschland natürlich von den niedrigen Preisen profitierten, sei die aktuelle Entwicklung auf dem Weltmarkt „nicht gesund“, betonte Hecking. „Man denke etwa an eine mögliche Destabilisierung bestimmter Länder durch ausbleibende Einnahmen für den Staatshaushalt“, sagte der Ökonom mit Blick auf wichtige Förderländer wie Russland oder Venezuela. Hecking betonte: Auch wenn das Erdölkartell Opec seine Fördermenge reduziere, würde der Druck auf den Ölpreis kaum nachlassen. „Dann drängen teurere Anbieter auf den Markt wie etwa die Produzenten von US-Schieferöl.“
In der Bundestags-Opposition wurden Forderungen laut, die Koalition müsse mögliche Schäden für die Energiewende durch den fortgesetzten Ölpreisverfall vorbeugen. „Nur wenn die Klimaschädlichkeit in das Verbrennen von Öl eingepreist ist und erneuerbare Energien Vorfahrt bekommen, ist eine kohlenstofffreie Wirtschaft machbar“, sagte die Energieexpertin der Linksfraktion, Eva Bulling-Schröter. Helfen könne dabei etwa eine „Abwrackprämie“ für Ölheizungen mit alter Technik.