OECD: Eurozone bleibt Sorgenkind
Wiesbaden/Paris (dpa) - Die Eurozone bleibt nach Einschätzung der OECD das Sorgenkind der Weltwirtschaft. Und darunter leiden auch die Aussichten für die deutsche Konjunktur.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schraubte ihre Wachstumsprognosen für 2015 nun drastisch nach unten. Die globalen Krisen, eine schleppendere Nachfrage aus China, vor allem aber die Wachstumsschwäche der Eurozone bremsten Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft.
Die Eurozone sei „zu einem großen Risiko für das weltweite Wachstum geworden“, heißt es im Wirtschaftsausblick der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der am Dienstag in Paris vorgestellt wurde.
Die OECD erwartet für Deutschland für 2015 nur noch ein Plus von 1,1 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt (BIP). Im Mai hatte der Zusammenschluss von 34 Industriestaaten noch 2,3 Prozent Wachstum für möglich gehalten.
Die meisten Ökonomen rechnen jedoch damit, dass es der deutschen Wirtschaft nach einer Durststrecke gelingen wird, im Verlauf des kommenden Jahres wieder Fahrt aufzunehmen. Begründet wird die Zuversicht mit der stabilen Kauflust der Verbraucher und der Nachfrage nach Waren „Made in Germany“ aus dem Ausland, die durch den schwächeren Euro begünstig wird. Auch wächst die US-Wirtschaft überraschend stark, die Aktienmärkte boomen.
OECD-weit wird 2015 von der Organisation ein Wachstum der Wirtschaftsleitung um 2,3 Prozent erwartet, die Eurozone bleibe mit einem Plus von 1,1 Prozent aber das Sorgenkind der Weltwirtschaft. Die Arbeitslosigkeit im Euroraum verharre auf hohem Niveau, und die Inflation liege weiterhin deutlich unter der Zielvorgabe.
In den vergangenen Wochen hatten bereits führende Wirtschaftsforscher und die Bundesregierung ihre Wachstumserwartungen für 2014 und 2015 nach unten korrigiert. Die fünf Wirtschaftsweisen erwarten für die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr noch 1,2 Prozent statt 1,9 Prozent Wachstum und für 2015 dann 1,0 Prozent.
Im Sommer bewahrten Konsum und Exporte die deutsche Wirtschaft vor dem Abrutschen in eine Rezession. Das Statistische Bundesamt verzeichnete für das dritte Quartal ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Die Wiesbadener Behörde bestätigte am Dienstag ihre ersten Berechnungen von Mitte November: „Die deutsche Wirtschaft hat sich in einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld als stabil erwiesen.“
Im Vergleich zum zweiten Quartal 2014 legten sowohl die privaten (plus 0,7 Prozent) als auch die staatlichen Konsumausgaben (plus 0,6 Prozent) zu. Zudem stützte der Außenhandel die deutsche Konjunktur: Die Exporte stiegen preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,9 Prozent und legten somit stärker zu als die Importe (plus 1,7 Prozent). Dadurch hatte der Außenbeitrag - die Differenz aus Exporten und Importen - einen leicht positiven Effekt auf das BIP. Dagegen waren die Investitionen rückläufig: In Maschinen, Geräte und Fahrzeuge etwa wurde 2,3 Prozent weniger Geld gesteckt.
Ein Hoffnungszeichen: Der jüngste Ifo-Geschäftsklimaindex. Erstmals seit Monaten blicken Deutschlands Unternehmen demnach trotz aller internationalen Krisen wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Damit wächst die Hoffnung, dass Unternehmen wieder mehr investieren und so die Konjunktur anschieben.
Die OECD forderte von Deutschland mehr Anstrengungen für mehr Wachstum - etwa bei Einrichtungen zur Kinderbetreuung oder im Bildungsbereich. Auch bei Investitionen in die Infrastruktur habe Deutschland „erheblichen Nachholbedarf“, sagte Christian Kastrop, Direktor für wirtschaftspolitische Studien bei der OECD. Dafür könnten auch Staatsausgaben umstrukturiert werden: „Was gut ist für Wachstum, muss nicht mit Krediten finanziert werden“, sagte Kastrop.