Opel in Bochum: „Am Freitag ist hier Ende“

Die letzte Woche bei Opel in Bochum ist für die Belegschaft schwer zu ertragen. Viele arbeiteten 30 Jahre dort.

Am Verwaltungsgebäude hängen Transparente mit der Aufschrift: „Wir waren Opelaner mit Herz und Seele“.

Foto: Pia Windhövel

Bochum. Irgendwie unpassend wirkt der festlich geschmückte Christbaum im Foyer von Werk I. Nur noch in dieser Woche gehen die Opelaner an ihm vorbei zur Schicht. An Weihnachten werden fast 3000 Angestellte von Opel Bochum ohne Beschäftigung sein. Der letzte Wagen läuft am Freitag vom Band. „Dann ist hier Ende“, sagt Dirk Grützner. Der 47-Jährige ist einer von etwa 300 Opelanern, die ab 1. Januar im Ersatzteillager Neovia arbeiten — nach 31 Jahren bei Opel.

2700 Menschen landen in einer Transfergesellschaft, nur einige Dutzend wechseln ins Werk nach Rüsselsheim. „Ich ziehe den Hut vor jedem Kollegen, der hier noch am Band steht.“ Dirk Grützner, Opelaner Wie viele Kollegen hat Grützner bereits seine Ausbildung im Bochumer Werk gemacht, als Universalfräser. „Ich dachte damals, ich arbeite jetzt hier bis zur Rente“, sagt der Familienvater.

2009 wurde er Betriebsrat und ist es seither geblieben. Kein leichter Job in einem derart gebeutelten Unternehmen. „Wir kämpfen hier eigentlich seit 2004 um unsere Jobs“, sagt Grützner. Damals stellte Opel die Motorenproduktion in Bochum ein. Den in den 90er Jahren drastisch gesunkenen Marktanteil in Deutschland holte Opel nie mehr auf. Auf dem Weg zum Betriebsratsbüro trifft Grützner Kollegen im Aufzug. Es wird gewitzelt. Die Situation ist nur noch mit Galgenhumor zu ertragen.

Im Büro stehen Umzugskartons, Kaffee gibt es nur noch in Pappbechern. „Die Tassen und andere Sachen haben wir dem Tierheim Bochum gespendet“, sagt Betriebsratschef Rainer Einenkel. Ein Sanierungstarifvertrag sollte 2013 die Schließung der Bochumer Produktion abfedern. Doch die Mehrheit der Belegschaft in Bochum stimmte gegen den Vertrag — als einzige in Deutschland. Der Betriebsrat spricht von einer absichtlichen Spaltung der Belegschaften. Einenkel klagt gegen den Beschluss, das Bochumer Werk zum Jahresende zu schließen. „Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit illegal“, sagt er.

Der Kampf ist für ihn noch nicht vorbei. Für seine Mitarbeiter schon. „Ich ziehe den Hut vor jedem Kollegen, der hier noch am Band steht und Tag für Tag Autos produziert“, sagt Dirk Grützner. „Viele wollen die Marke Opel aber einfach nur aus ihrem Gedächtnis verdrängen.“ Bochumer fühlen mit ihren Opelanern mit Unweit von Werk I betreibt Anja Weixelbraun einen Kiosk. Die Bochumer fühlen mit ihren Opelanern. „Ich kenne viele, die dort arbeiten“, sagt Weixelbraun.

„Das ist wirklich furchtbar für unsere Region, wenn da jetzt so viele arbeitslos werden.“ Auch beim Bäcker nebenan löst das Thema Opelschließung sofort eine rege Diskussion aus. „Schlimm, wie die da seit Jahren um ihre Jobs bangen“, sagt eine Kundin. „Die Amis machen alles kaputt“, schimpft ein Mann. Eines könnte vom Opel-Werk jedoch dauerhaft übrigbleiben. Das markante Verwaltungsgebäude mit dem riesigen Opel-Schriftzug steht vorläufig unter Denkmalschutz.