Eon-Pläne alarmieren die Politik
Erste Befürchtungen werden laut, dass sich die Konzerne bei den Kosten des Atomausstiegs durchmogeln wollen.
Berlin. Sigmar Gabriel ist ziemlich einsilbig. „Nein“, sagt er auf die Frage, ob der Staat notfalls das Atom- und Kohlegeschäft von Eon übernimmt. Nur ein knappes „Nein“ gibt es Montag auch vom Wirtschaftsminister beim Punkt, ob der Konzern mit der Abspaltung seines Kraftwerksgeschäfts die Bundesregierung unter Druck setzen wolle, um bessere Marktbedingungen zu bekommen.
Gabriel ist vorab am Wochenende über den Eon-Paukenschlag informiert worden. Nachdem zuvor schon Vattenfall mitgeteilt hatte, einen Verkauf seiner deutschen Braunkohlesparte zu erwägen, will Eon nun sein ganzes Atom-, Kohle- und Gas-Geschäft in eine eigene Gesellschaft ausgliedern. Der Dax-Konzern will sich auf Erneuerbare Energien, Netze und Kundendienstleistungen konzentrieren.
Diese Entscheidung dürfte Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch viel Kopfzerbrechen bereiten. Eon-Chef Johannes Teyssen und RWE-Chef Peter Terium stehen seit Monaten in engem Kontakt zum Kanzleramt. Bis zum Sommer könnte ein Paket stehen, mit Klarheit für die Neugestaltung des Strommarktes und einer möglichen außergerichtlichen Einigung bei den diversen Atomklagen — die Konzerne fordern Schadenersatz von weit über zehn Milliarden Euro.
So könnten alle Seiten etwas davon haben, wenn am Ende ein umfassender „Deal“ geschmiedet wird. Denn nicht nur die Probleme der großen Erzeuger sind enorm — ebenso die Risiken für Stromkunden und Steuerzahler.
Die Eon-Wende wirft drei Fragen auf:
Erstens: Der Konzern verdient wie auch die anderen drei großen Energieversorger RWE, Vattenfall und EnBW zu wenig Geld mit dem konventionellen Kraftwerksgeschäft. Viel Sonne und Wind machen gerade in der wärmeren Jahreszeit den Stromverkauf zum Minusgeschäft. Das Ausland wird dieses Jahr so viel deutschen Strom abnehmen wie nie zuvor — es gibt ein sattes Überangebot. Bei der Bundesnetzagentur sind rund 50 Kraftwerke mit 8051 Megawatt Leistung zur Stilllegung angemeldet.
Zweitens: Die Energiewende wird als unumkehrbar angesehen. Wenn ein Durchbruch bei der Speicherung von überschüssigem Windstrom gelingt, braucht es viel weniger Kraftwerke als heute. Das ist bisher aber nicht in Sicht: Die Versorger fordern von Gabriel Extraprämien für konventionelle Kraftwerke, die anders als Solaranlagen und Windräder rund um die Uhr Strom liefern können. Also neben Geld für den produzierten Strom Geld für eine feste Liefergarantie, die dafür sorgt, dass es nicht zu bestimmten Zeiten zu Engpässen kommt.
Drittens: Es stellt sich die Frage, ob Eon noch in vollem Umfang für den Rückbau seiner Atomkraftwerke, die Suche nach einem Endlager und die Kosten für die Einlagerung des Atommülls aufkommen wird. Die Atomkonzerne haben jüngst dem Bund vorgeschlagen, alle Atommeiler und den gesamten Atommüll in eine staatliche Stiftung zu übertragen. Ex-NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) warnt: „Ich befürchte, dass Eon eine Bad Bank für seine sieben Atomkraftwerke schafft, die von den Steuerzahlern gerettet werden muss.“