Thema bei GroKo-Verhandlungen Parteien erwägen technische Nachbesserungen älterer Diesel

Berlin (dpa) - Im Kampf gegen zu schmutzige Luft in vielen Städten ziehen Union und SPD auch technische Nachbesserungen an älteren Diesel-Autos in Betracht - aber nur unter großen Vorbehalten.

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„Wir werden insbesondere die Schadstoffemissionen aus dem Straßenverkehr an der Quelle weiter reduzieren“, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Zwischenstand der Koalitionsverhandlungen zum Thema Umwelt. Dazu gehörten - „soweit technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar“ - auch „technische Verbesserungen von Fahrzeugen im Bestand“. In einen Förderfonds für Maßnahmen in stark belasteten Städten zahlen die deutschen Autobauer nun mehr Geld ein.

Die künftige Bundesregierung muss angesichts drohender Fahrverbote und einer möglichen Klage der EU-Kommission entscheiden, wie der Ausstoß von Stickoxiden (NOx) schnell zu senken ist. Die deutschen Autobauer haben dafür unter anderem neue Software bei zusätzlichen 2,8 Millionen Autos zugesagt. Weitergehende technische Umbauten an den Motoren, wie sie Umweltschützer und auch die SPD fordern, lehnen die Autobauer aber als zu teuer und ineffizient ab. Von einer beim Dieselgipfel der Bundesregierung im Sommer 2017 zu diesem Thema eingesetzten Expertengruppe liegt noch kein Ergebnis vor.

In einem Zwischenstand der Koalitionsverhandlungen zum Thema Verkehr heißt es, über technische Nachrüstungen solle „im Jahr 2018“ auf Basis der Experten-Untersuchungen entschieden werden - und auch auf Basis „aller rechtlicher Fragen der Zulassung, Gewährleistung und Kostentragung“. Unabhängig davon sollen zur Abgas-Überwachung schon zugelassener Fahrzeuge eine „flächendeckende Feldüberwachung“ auf den Straßen und ein „wirksames Sanktionssystem bei Nichteinhaltung von Emissionsvorschriften gegenüber den Herstellern“ geschaffen werden, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte die Formulierungen zu Motoren-Umbauten als „Nebelkerze“. Union und SPD drückten sich um klare Aussagen zu notwendigen technischen Umrüstungen und verschonten die Hersteller auf Kosten von Gesundheit und Klimaschutz. Greenpeace monierte, wirksame Hardware-Nachrüstungen solle es nur geben, „wenn es den Herstellern nicht zu große Umstände macht“. Nötig sei unter anderem eine Blaue Plakette, um eine juristische Flickschusterei bei Fahrverboten zu verhindern. Der Autofahrerclub ADAC mahnte eine „echte Garantie“ der Hersteller auf Umrüstmaßnahmen an. Nur das gebe Verbrauchern Sicherheit, keine langfristigen Nachteile zu erleiden.

In einen neuen Fonds für saubere Luft in Städten zahlen die deutschen Autobauer wegen der anhaltenden Weigerung ausländischer Anbieter nun doch mehr Geld ein. Volkswagen, Daimler und BMW übernehmen den für die gesamte Branche vorgesehenen Anteil von 250 Millionen Euro komplett, wie der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) nach einem Gespräch mit den Vorstandschefs mitteilte.

Eigentlich sollten die deutschen Autobauer - entsprechend ihrem Diesel-Marktanteil - nur etwa 160 Millionen Euro zahlen. Mit ihrer Zusage kommt der vom Bund ins Leben gerufene Förderfonds nun auf das volle Volumen von einer Milliarde Euro. Die Bundesregierung gibt 750 Millionen Euro. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) betonte, die deutschen Hersteller leisteten damit „einen wesentlichen Beitrag, um die Luftqualität in Städten weiter zu verbessern“. Über die Verständigung hatte zuerst das Magazin „Der Spiegel“ berichtet.

Die ebenfalls zur Schadstoffreduzierung zugesagten Prämien für den Kauf sauberer Neuwagen haben mehrere Hersteller zum Jahresauftakt reduziert oder gestrichen. Nach der regelmäßigen Rabattstudie des CAR-Center der Universität Duisburg-Essen haben sieben Importeure - Fiat, Alfa Romeo, Honda, Hyundai, Kia, Jeep und Peugeot - im Januar ihre entsprechenden Programme beendet. Ford habe seinen mit einer Garantie verbundenen „Umweltbonus“ in der Höhe zurückgefahren.

Wegen Diesel-Abgasversuchen mit Affen stehen die deutschen Konzerne weiter in der Kritik. Die Tests „zur Reinwaschung von Dieselmotoren“ seien eine „absolut inakzeptable ethische Entgleisung“, sagte Schmidt im Bundestag. Er rate den Unternehmen, „schleunigst die Trendwende einzuleiten und das verloren gegangene Vertrauen durch Transparenz wieder zurückzugewinnen“. Nötig seien Aufklärung „und ein großes Umdenken in der Unternehmenskultur“. Eine von VW, Daimler und BMW finanzierte Lobby-Initiative hatte die Tests in Auftrag gegeben.

Sie förderte auch eine Studie der Universität Aachen zur Belastung mit Stickstoffdioxid am Arbeitsplatz - Probanden waren 25 Menschen. Das Klinikum verteidigte die Tests als unabhängige Studie für die Arbeitsmedizin. Die Auto-Lobbyorganisation habe die experimentellen Untersuchungen zwar gefördert, aber keine Bedingungen daran geknüpft.