Proteste zur Grünen Woche - Minister für stärkere Landwirtschaft
Berlin (dpa) - Politische Grüne Woche in Berlin: Am Rande der Messe beraten Minister über die Welternährung und den Klimawandel. Auf der Straße rufen Demonstranten nach mehr Tier- und Umweltschutz in der Landwirtschaft.
Für den Kampf gegen den Hunger in der Welt haben Regierungsvertreter aus knapp 70 Staaten in Berlin eine Stärkung der globalen Landwirtschaft angemahnt. Angesichts des Klimawandels und begrenzter Ressourcen müsse Lebensmittelproduktion widerstandsfähiger gemacht werden, sagte Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach einer Konferenz mit Amtskollegen und Vertretern internationaler Organisationen am Samstag am Rande der Agrarmesse Grüne Woche.
Zur weltgrößten Branchenschau demonstrierten in Berlin Zehntausende Menschen gegen die Agrarindustrie. Bauern auf Traktoren führten den Zug durch das Regierungsviertel an. Die Veranstalter - ein Bündnis aus Umwelt- und Tierschutzorganisationen, Kleinbauern sowie kirchlichen Verbänden - sprachen von 30 000 Teilnehmern. Sie forderten einen besseren Tier- und Klimaschutz und forderten von der Bundesregierung eine politische Wende. Auf Transparenten hieß es „Kein Gen-Food“ oder „Gegen Wachstumswahn“.
Friedrich begrüßte es, dass die Demonstranten ihre Meinung sagten. Über den Weg zu einer guten Landwirtschaft gebe es verschiedene Ansichten. Auf dem Berliner Messegelände kletterten einige Protestierende den Funkturm hinauf und entrollten ein Transparent. Sie erhielten von der Messe ein Hausverbot.
Vom ersten Messetag am Freitag bis zum Sonntagabend wurden wie im Vorjahr 120 000 Besucher in den Messehallen am Berliner Funkturm erwartet. Die Veranstalter sprachen am Sonntag von einem „Super-Auftakt“. Bis zum Messeschluss am 26. Januar erwarten sie mehr als 400 000 Gäste in den Hallen. Dort präsentieren in diesem Jahr 1650 Aussteller aus 70 Ländern ihre Produkte und Dienstleistungen aus Landwirtschaft, Ernährungsindustrie und Gartenbau.
Die Agrarminister sprachen sich in Berlin dafür aus, die Nutzpflanzenforschung stärker zu fördern. Die Vielfalt von Produktionsmethoden und Betriebsformen sei zu erhalten. Friedrich sagte, der Zugang zu Bildung und Ausbildung müsse garantiert werden, um die landwirtschaftliche Qualifikation weltweit zu erhöhen.
Internationale Experten forderten, den Klimawandel und die Folgen der Landwirtschaft für die Natur stärker zu beachten. „Die Welt braucht mehr Nahrungsmittel“, sagte der Direktor des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner. Deutliche Steigerungen der Produktion könne man sich in den heutigen Agrarsystemen aber nicht mehr leisten, erklärte er mit Blick auf den hohen Wasserverbrauch der Landwirtschaft.
Weltbank-Vizepräsidentin Rachel Kyte sagte, der Klimawandel werde den Pflanzenanbau in manchen Regionen erschweren. Im südlichen Afrika drohten etwa Hitze und stärkere Dürren, in Südostasien extreme Wetterverhältnisse. Betroffene Bauern müssten sich wappnen können, zum Beispiel passende widerstandsfähige Maissorten zu pflanzen.
Friedrich sagte, lokale Pflanzensorten könnten durch konventionelle Züchtung „noch leistungs- und widerstandsfähiger gemacht werden“. Kleinbauern in ärmeren Ländern müssten Zugang zu Saatgut haben. Neben Hunger sei auch Mangelernährung durch zu einseitige Kost ein Problem. Davon seien nach UN-Angaben rund zwei Milliarden Menschen betroffen.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte die Agrarminister auf, drastische Preissprünge bei Lebensmitteln zu verhindern. „Wer den Hunger in der Welt bekämpfen will, kann nicht gleichzeitig Biosprit fördern und die Spekulation mit Nahrungsmitteln weiter laufen lassen“, sagte Geschäftsführer Thilo Bode der Nachrichtenagentur dpa.