Rösler will mehr Zuwanderung
Berlin (dpa) - Zur Bekämpfung des dramatischen Fachkräftemangels will Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mehr ausländische Experten ins Land holen. Dazu sollen gesetzliche Regelungen gelockert werden.
„Das ist keine Bedrohung für unser Land, sondern eine Bereicherung“, sagte der FDP-Chef am Dienstag. Jedoch blockiert die CSU seit langem die geplante schwarz-gelbe Zuwanderungsreform. Rösler verständigte sich in Berlin mit den Spitzen der Wirtschaft auf konkrete Ziele.
Der Minister will die Einkommensgrenze von 66 000 Euro auf etwa 40 000 Euro senken. So viel muss bisher ein ausländischer Experte pro Jahr bei einer deutschen Firma verdienen, um eine dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu bekommen.
Eine hohe Hürde: 2009 kamen so weniger als 150 Hochqualifizierte in die Bundesrepublik. Außerdem wird an eine Art Punktesystem wie in Kanada gedacht, bei dem dort potenzielle Zuwanderer beispielsweise nach Bildung und Sprachkenntnissen bewertet werden.
Bislang müssen die Arbeitsagenturen immer erst nach geeigneten deutschen Bewerbern suchen. Diese so genannte Vorrangprüfung in Branchen mit akutem Fachkräftemangel soll abgeschafft werden. Ausländische Berufs- und Uni-Abschlüsse sollen schneller anerkannt werden. Hochqualifizierte, die an einer deutschen Hochschule fertig studiert haben, bekommen sofort ein Aufenthaltsrecht.
Rösler unterstrich, dass Europas größte Volkswirtschaft sich bei der Zuwanderung keinen Stillstand mehr leisten könne: „Wir sind in höchster Eile. Die demografische Entwicklung arbeitet gegen uns.“ Bis 2025 werden etwa sechs Millionen Arbeitskräfte fehlen.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte, durch unbesetzte Stellen verliere die Wirtschaft jährlich mehrere Milliarden Euro. Aktuell fehlten allein 140 000 Naturwissenschaftler, darunter viele Ingenieure. „Hier muss gegengesteuert werden, wenn wir nicht nennenswerte Einbußen bei unserer Wirtschaftsleistung und unserem Wohlstand in Kauf nehmen wollen“, sagte Hundt.
Bis wann die Regierung die Vorschläge umsetzen will, ließ Rösler offen. Deutschland habe sich zu lange abgeschottet. Erst seit Anfang Mai - viel später als in anderen EU-Ländern - ist der deutsche Arbeitsmarkt für europäische Arbeitnehmer offen. „Es war im Nachhinein ein Fehler, solche Hürden aufzubauen“, sagte Rösler.
Schon vor einigen Monaten waren sich die zuständigen Ministerien über eine Reform quasi einig. Dann aber blockierte vor allem die CSU, die die Fachkräftelücke lieber mit Älteren, Frauen und Arbeitslosen statt mit Ausländern schließen will.
Der FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel setzt auf ein Einlenken des Regierungspartners. „Die CSU kann sich nicht vor den Zahlen drücken.“ Mit einem Punktesystem wie in Kanada, das jeder im Ausland auf Anhieb verstehe, werde Deutschland attraktiver: „Wir müssen konkret um die klügsten Köpfe der Welt werben. Bisher nehmen wir an dem Wettbewerb nicht teil“, sagte Vogel der dpa.