ROUNDUP/Devisen: Yen steigt auf Rekordhoch - Weiteres Problem für Japan
TOKIO (dpa-AFX) - Die japanische Währung Yen ist am Donnerstag wegen dererwarteten immensen Kosten infolge der Atom- und Naturkatastrophe auf einRekordhoch zum US-Dollar gestiegen. Damit kommt auf die stark von Exportenabhängige japanische Wirtschaft ein weiteres Problem zu, da die japanischenUnternehmen das für sie schlechte Kursverhältnis größtenteils nicht weitergebenkönnen.
Die Rufe nach staatlichen Schritten gegen die Kursexzesse werden lauter.In der Nacht auf Donnerstag kostete der Dollar in einem chaotischen von starkenSprüngen gekennzeichneten Handel zeitweise nur noch 76,25 Yen - so wenig wienoch nie in der Geschichte.
Dollar-Käufe vor allem von japanischen Importunternehmen und Spekulantenverringerten die Kursgewinne des Yen zunächst. Zuletzt stand der Dollar bei rund79 Yen und damit immer noch unter dem bisherigen Rekordtief von 79,75 Yen ausdem Jahr 1995, als das Erdbeben im japanischen Kobe den Yen nach oben trieb. Mitdem Abschlag vom Donnerstag kostet der Dollar rund vier Yen weniger als noch vordem verheerenden Erdbeben und Tsunami am Freitag der vergangenen Woche.
YEN GEWINN GEGENÜBER EURO - EURO GEGENÜBER DOLLAR
Auch im Vergleich zum Euro zog der Yen am Donnerstag deutlich an. Dieeuropäische Gemeinschaftswährung verteuerte sich wiederum imVergleich zum Dollar. Zuletzt kostete der Euro 1,3970 Dollar und näherte sichwieder der Marke von 1,40 Dollar. Am Mittwoch hatte die Europäische Zentralbank(EZB) den Referenzkurs auf 1,3951 (Dienstag: 1,3884) US-Dollar festgesetzt. DerDollar kostete damit 0,7168 (0,7203) Euro.
"Das Währungspaar Euro/Dollar scheint zwischen 1,386 und 1,40 Dollar einevorläufige neue Wohlfühlzone gefunden zu haben", hieß es in einer Studie derCommerzbank. Am Donnerstag dürften neben den Geschehnissen in Japan vor allemdie Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten im Mittelpunkt des Interessesstehen. Die Experten der Bank rechnen allerdings nicht damit, dass die Dateneinen Anlass geben werden, dass der Euro aus der oben genannten Spanneausbricht.
YEN STEIGT SEIT JAHREN
Die starken Yen-Gewinne am Donnerstag führten Händler vor allem daraufzurück, dass japanische Investoren und Versicherer dringend Geld brauchen, umdie Schäden aus der Natur- und Nuklearkatastrophe in der Heimat zu bezahlen.Deshalb steigt die Nachfrage nach Yen. Der vor allem im Vergleich zum Dollarstarke Yen ist seit Jahren eines der größten Probleme der japanischenWirtschaft.
Mitte 2007 kostete ein Dollar noch mehr als 120 Yen. Vor der Natur- undNuklearkatastrophe hatte sich der Yen allerdings in einer Bandbreite zwischen 80und 85 Yen bewegt. Exportunternehmen wie zum Beispiel der Autohersteller Toyota erhielten damit allerdings bereits zuletzt deutlich wenigerYen für in den USA verkaufte Autos. Denn in Märkten mit starkem Wettbewerbbesteht in der Regel kaum die Chance, die Verkaufspreise entsprechend anzuheben.
WAHRSCHEINLICHKEIT EINER INTERVENTION STEIGT
Viele Analysten und Experten rechnen jetzt damit, dass die japanischeRegierung bald am Devisenmarkt einschreiten wird, um die Spekulationen mit derjapanischen Währung einzudämmen. Dabei sei auch eine international koordinierteAktion denkbar. Die Finanzminister der sieben führenden Industrieländer wollenam Freitag in einer Telefonkonferenz die aktuelle Lage in Japan besprechen.
Die Commerzbank-Experten raten der japanischen Notenbank und Regierung zuInterventionen. Mit einem entschlosseneren Auftreten der Währungshüter und desFinanzministeriums hätten die Kursexzesse vom Donnerstag vielleicht vermiedenwerden können. "Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, Flagge zu zeigen, als denMarkt sich austoben zu lassen", hieß es in einer Studie der Commerzbank. Nachden jüngsten Ereignissen sei die Wahrscheinlichkeit für eine Intervention amDevisenmarkt hoch - es sei aber noch keine ausgemachte Sache, dass diesgeschieht.