RWE sieht Talsohle erreicht - Strompreise vorerst stabil

Essen (dpa) - Der Atomausstieg hat RWE 2011 schwer getroffen, doch der künftige Konzernchef Peter Terium sieht Deutschlands zweitgrößten Energieversorger wieder auf einem guten Weg.

Nach dem düsteren Geschäftsjahr mit Rückgängen bei Gewinn und Umsatz schauen die Essener mit Zuversicht nach vorn. Die Aktionäre müssen sich jedoch mit einer niedrigeren Dividende begnügen. Der Strompreis soll bis Mitte des Jahres stabil bleiben. Von Greenpeace und den Grünen hagelte es Kritik für den Bau fossiler Kraftwerke.

Mit seinem neuen Sparkurs und dem Verkauf von Unternehmensteilen will RWE die „Talsohle zügig durchschreiten“, wie der scheidende Konzernchef Jürgen Großmann am Dienstag in Essen sagte. Einige Maßnahmen zur Kostenreduzierung zeigen bereits Wirkung. „Deshalb sind wir zuversichtlich, 2012 das Vorjahresniveau halten zu können.“ Auch 2013 werde sich dieser Trend fortsetzen, sagte Großmann, der zur Jahresmitte den Vorsitz an den Niederländer Terium abgibt.

Der Ergebnisrückgang 2011 fiel wie erwartet drastisch aus, die Befürchtungen waren jedoch noch etwas schlimmer. So sank der Konzernumsatz um 3,1 Prozent auf 51,7 Milliarden Euro. Das um Absicherungsgeschäfte aus dem Energiehandel bereinigte sogenannte nachhaltige Nettoergebnis, an dem sich die Dividende bemisst, fiel gar um 33,9 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. „Natürlich haben wir uns ein besseres Ergebnis gewünscht. Aber auch nach 2011 ist RWE kein Sanierungsfall“, betonte Großmann.

Die Aktionäre müssen sich in diesem Jahr mit einer deutlich niedrigeren Dividende zufriedengeben: RWE will 2 Euro je Aktie zahlen, im Spitzenjahr 2010 waren es noch 3,50 Euro.

Wie schon in den vergangenen Wochen bekanntwurde, will der Konzern zum Erreichen der Ziele sein Sparprogramm bis 2014 um rund eine Milliarde Euro ausweiten. Großmann hat bereits die laufenden Sparbemühungen auf Milliardenhöhe geschraubt. „Alles in allem sind wir mit unserer Strategie - auch und gerade unter dem Eindruck der Energiewende - auf gutem Wege“, sagte Terium.

Bei den Verkäufen von Unternehmensteilen tritt RWE auf die Bremse: Das zuletzt vorgenommene Volumen von bis zu 11 Milliarden Euro hat der Konzern jetzt auf maximal 7 Milliarden Euro verringert. Im Verkaufskatalog stehen Vertriebs- und Netzaktivitäten, Teile von Kohle- und Gaskraftwerken Stadtwerke, die tschechische Net4gas und Einzelprojekte von Dea, bei denen noch hohe Förderinvestitionen anfallen. Was davon weggeht, ist noch offen.

Verkauft sind bereits die Netzgesellschaften Thyssengas und zu 75 Prozent Amprion sowie der 24,6-Prozent-Anteil am Kohlekraftwerk Rostock. Außerdem gehen 19 der 69 Prozent an der Saarbrücker Vertriebstochter VSE an die saarländischen Stadtwerke und das Land.

Auf der anderen Seite will RWE im Laufe des Jahres Kraftwerke mit insgesamt 6800 Megwatt Leistung ans Netz nehmen. Dazu zählen Gaskraftwerke in den Niederlanden, Großbritannien und der Türkei sowie die Braunkohle-Doppelblockanlage in Neurath bei Köln. Diese Anlage hat zu Jahresbeginn im Probebetrieb gearbeitet. „Das war ein glücklicher Umstand. Als es anfing, richtig kalt zu werden, kamen hierdurch zusätzliche 2100 Megawatt ans Netz“, sagte Großmann. Bis 2014 sollen noch zwei Kohlekraftwerke in Hamm und Eemshaven folgen.

Greenpeace kritisierte diese Entwicklung beim Kraftwerksbau. „Mit dem Neubau von Kohlekraftwerken in Deutschland und dem geplanten Bau von Atomkraftwerken im Ausland hält RWE an seiner rückständigen Unternehmensstrategie der vergangenen Jahre fest. RWE muss endlich eine konstruktive Rolle bei der Energiewende spielen und die Investitionen in erneuerbare Energien erheblich ausweiten“, sagte Energieexperte Tobias Münchmeyer. Die Grünen schlugen in die gleiche Kerbe. „Das Energiefossil RWE muss endgültig sein Scheitern eingestehen.“ Die Gewinneinbußen seien die logische Konsequenz einer verfehlten Konzernpolitik, sagte Energiesprecher Oliver Krischer.

Bis 2014 sind bei RWE Investitionen in Höhe von 16 Milliarden Euro vorgesehen, etwa die Hälfte davon in Wachstumsprojekte. 4 Milliarden Euro sollen in Erneuerbare Energien fließen, knapp die Hälfte davon in Windparks auf See. Auch Wasserkraft spielt eine Rolle. Bis 2020 soll der Anteil der Erneuerbaren an der Energieerzeugung von RWE somit mindestens 20 Prozent ausmachen, bisher sind es rund 5 Prozent.

An der Börse waren RWE-Aktien in einem schwachen Markt die Gewinner. Händlern zufolge sind die Resultate zwar „gemischt“ ausgefallen, der nun etwas optimistischere Ausblick auf 2013 treibe allerdings die Aktien an.