Schlappe für Merkel — Weber geht
Die Kanzlerin wird seit langem für ihr Euro-Krisenmanagement kritisiert. Jetzt verliert sie einen Mitstreiter.
Berlin. Der Mann, der die Kanzlerin in arge Schwierigkeiten gestürzt hat, verließ gestern um kurz nach 16.00 Uhr wortlos das Kanzleramt. Es dauerte noch eine gute halbe Stunde, bis Angela Merkel in dürren sechseinhalb Zeilen den Abgang von Axel Weber verlauten ließ.
Sie habe die Entscheidung des Bundesbank-Präsidenten, Ende April die Brocken hinzuschmeißen, mit Respekt zur Kenntnis genommen. So werden in Politik und Wirtschaft in aller Regel Trennungen kommentiert, wenn es richtig gekracht hat.
Der frustrierte Weber hatte Merkel auf dem falschen Fuß erwischt, als er diese Woche im Kreis seiner Bundesbanker Amtsmüdigkeit signalisierte. Mitten in der Euro-Schuldenkrise nahm sich Deutschlands oberster Währungshüter selbst aus dem Spiel.
Dabei galt er lange Zeit als Merkels Mann für die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB), an die endlich ein Deutscher rücken soll. Doch Weber eckte an, geißelte lautstark den Sündenfall, als die EZB für viele Milliarden Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder aufkaufte.
Aus gut unterrichteten Kreisen ist zu hören, Weber sei gekränkt gewesen, dass er von Merkel keine Unterstützung mehr für seine strikte Haltung in der Schuldenkrise erhalten habe.
Merkels Strategen konterten, die Chefin habe mit dem 53-jährigen Ökonomen eine klare Absprache gehabt. Bis Ende März stillhalten, dann offizielle Kür zum deutschen EZB-Kandidaten. Wer nun wen zuerst brüskiert hat, liegt bisher im Dunkeln.
Die überschuldeten Euro-Länder, die sich von Merkel und Sarkozy überrollt fühlen, dürften die zwei Chaostage in der Bundesbank-Spitze mit gewisser Schadenfreude verfolgt haben. Der Eindruck drängte sich auf, die CDU-Chefin, die Seite an Seite mit Frankreichs Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy den Euro retten will, habe ihren Laden nicht richtig im Griff.
Im Laufe der nächsten Woche soll die Nachfolgelösung klar sein. So könnte Bundesbank-Vorstand Franz-Christoph Zeitler seinen Ruhestand verschieben und für eine Übergangszeit die Behörde führen. Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann könnte dann im Sommer zunächst als Vize nach Frankfurt gehen — und nach einer gewissen Bewährung Präsident werden.
Und was wird aus Weber? Böse Zungen in Berlin sagen, der impulsive Professor habe den Kopf verloren und „den Köhler gemacht“. Auch der Lockruf des Geldes soll eine Rolle spielen. Vielleicht hat Weber eine lose Zusage in der Tasche, als Nachfolger von Josef Ackermann Boss der Deutschen Bank zu werden, der spätestens im Frühjahr 2013 aufhört.
Mit dem Ausscheiden aus der Bundesbank ein Jahr vor Vertragsende hätte Weber eine gute Karenzzeit, um den Rollenwechsel einigermaßen glimpflich zu verkaufen. Denn schon jetzt war die Empörung groß, weil Weber als Bankenaufseher enormes Insiderwissen über alle europäischen Geldhäuser mitbrächte.