Schon wieder ein Banken-Skandal: Briten sind empört

Die Großbank Barclays hat versucht, Zinsen zu manipulieren. Der Aufsichtsratschef tritt zurück.

London. Gerade war die Wut gegen die Banker in der Londoner City etwas abgeklungen. Jetzt schürt ein Skandal um manipulierte Zinssätze wieder das Feuer. Die Großbank Barclays hatte nach eigenem Eingeständnis versucht, die Zinsen im Interbanken-Verkehr zu manipulieren.

Deshalb muss die Bank an die Finanzaufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien sowie an das US-Justizministerium eine Rekordstrafe von 290 Millionen Pfund (345 Millionen Euro) zahlen. Als Konsequenz nahm Aufsichtsratschef Marcus Agius seinen Hut. Dieser erklärte, es tue ihm aufrichtig leid, dass Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre „im Stich gelassen“ worden seien.

Agius, der als einer der führenden Köpfe in der Londoner Finanzszene gilt, trat zudem vom Posten des Aufsichtsratschefs bei der britischen Bankenvereinigung „Bankers’ Association“ zurück. „Die Ereignisse der letzten Woche haben inakzeptable Verhaltensstandards innerhalb der Bank offengelegt und Barclays Ruf einen schweren Schlag gegeben.“

Nach Bekanntwerden des Skandals hatten Politiker und Bankenexperten den Rücktritt von Barclays-Chef Bob Diamond gefordert. Dieser muss morgen vor einem parlamentarischen Ausschuss Rede und Antwort stehen.

Gegen mehrere Banken in Europa und den USA laufen ebenfalls Ermittlungen. Die Behörden hatten sowohl beim europäischen Zinssatz Euribor als auch beim Londoner Libor — den Zinssätzen, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen — in den Jahren zwischen etwa 2005 und 2008 Unregelmäßigkeiten entdeckt. Der Satz beeinflusst auch Geschäfte im Derivatehandel, bei denen Billionen bewegt werden.

Der Skandal hat in Großbritannien Rufe nach Reformen im Bankensektor laut werden lassen. Der britische Premierminister David Cameron forderte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. „Wenn jemand die Gesetze gebrochen hat, muss er die Konsequenzen tragen“, erklärte ein Sprecher Camerons.

Doch Camerons Handlungsspielraum ist begrenzt. Die britische Wirtschaft, derzeit in der Rezession, ist vom Finanzsektor extrem abhängig. Experten mahnen allerdings, dass er nun endlich die Situation beim Schopfe packen müsse. „Priorität muss jetzt haben, diese Chance, die Banken auf ihren Platz zu verweisen, nicht zu verpassen“, schrieb etwa Bankenfachmann Larry Elliott im „Guardian“.

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