Schulden eintreiben wird leichter
Eine neue Regelung soll vorläufige Kontopfändungen im EU-Ausland ermöglichen.
Brüssel. Verbraucher und Unternehmen sollen im EU-Ausland leichter Schulden eintreiben können. Einen Gesetzesvorschlag zur Pfändung ausstehender Beträge legte die EU-Kommission vor.
So soll jemand, der im Internet Waren gekauft hat, aber diese nie erhielt, das entsprechende Bankguthaben bei seinem Schuldner sperren lassen können. Von der vorläufigen Kontopfändung sollen zudem Mütter oder Väter profitieren, die säumige Unterhaltszahlungen des Ex-Partners im europäischen Ausland eintreiben möchten.
Auch Firmen sollen die Möglichkeit erhalten, Konten in einem anderen EU-Staat pfänden zu lassen, wenn ein Schuldner Rechnungen nicht bezahlt. Um an das gepfändete Geld zu kommen, benötigt der Gläubiger in dem jeweiligen Staat des Schuldners einen Gerichtsentscheid.
„Wir müssen dafür sorgen, dass Forderungen im Ausland genauso einfach eingetrieben werden können wie im Inland“, sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding. Derzeit regelt jeder EU-Staat selbst, ob und wie Banken Geld von Kundenkonten an Gläubiger auszahlen.
Als Beispiel nennt Reding ein kleines italienisches Käseunternehmen, das einen Tiefkühlpizza-Hersteller in Frankreich mit Mozzarella beliefert, aber auf unbeglichenen Rechnungen sitzenbleibt.
Durch die EU-weite Regelung soll der Käsehersteller die Möglichkeit bekommen, einen Betrag in Höhe seiner Forderungen bis zur Entscheidung eines Gerichts auf dem Konto des Pizzafabrikanten einfrieren zu lassen — und zwar als „Überraschungseffekt“ ohne das Wissen des säumigen Zahlers. Dadurch soll vermieden werden, dass der Betrag beiseitegeschafft werden kann. Ziel ist es zudem, den Betroffenen hohe Kosten für Anwälte und Übersetzer zu ersparen.
In Europa sind von offenen grenzüberschreitenden Forderungen nach EU-Angaben etwa eine Million Unternehmen betroffen, meist kleinere und mittelgroße Betriebe. Im Schnitt verlören Firmen so jährlich 2,6 Prozent ihres Umsatzes. Pro Jahr verzichteten sie „unnötigerweise“ darauf, Forderungen von insgesamt bis zu 600 Millionen Euro einzutreiben. Firmen fürchteten wie Verbraucher „kostspielige, undurchsichtige Rechtsstreitigkeiten in anderen Ländern“.