Schuldenlast: Schaeffler steht vor Scherbenhaufen
Die Banken wollen bald die Kontrolle übernehmen. Der Conti-Deal könnte rückgängig gemacht werden.
Herzogenaurach/Hannover. Die Zukunft von Schaeffler hängt am seidenen Faden. Die Lage des schwer angeschlagenen Autozulieferers, der sich mit der auf Pump finanzierten Übernahme von Continental total verhoben hat, ist dramatisch, die bisherigen Alleineigentümer Maria-Elisabeth Schaeffler und Sohn Georg stehen vor einem Scherbenhaufen.
In der Branche wird damit gerechnet, dass die Banken bald die Kontrolle über die Gruppe übernehmen. Darüber hinaus steht sogar zur Debatte, die Conti-Übernahme rückgängig zu machen. Damit wäre das Desaster für den fränkischen Familienkonzern vollkommen.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, die Schaeffler-Kreditgeber erwägten eine Rückabwicklung des Conti-Kaufs und diskutierten darüber, alle Conti-Aktien, die derzeit bei Schaeffler liegen, durch die Banken übernehmen zu lassen. Danach müsse allerdings eine Kapitalerhöhung bei Continental folgen. Das werde den Anteil, der sich in den Händen der Banken befinde, dann möglicherweise wieder unter 50 Prozent drücken.
Gegen dieses Szenario könnte allerdings sprechen, dass die Banken dann wohl eine hohe Wertberichtigung in ihren Büchern hätten: Sie hatten den Conti-Kauf für 75 Euro je Aktie finanziert, doch heute ist die Aktie nur noch 12 Euro wert. Schaeffler hält derzeit knapp unter 50 Prozent an Conti, weitere 40 Prozent sind bei Banken geparkt.
Schaeffler selbst betonte, man wolle die Conti-Beteiligung halten. "Die Gerüchte, Schaeffler habe zugestimmt, die Conti-Aktien an Banken abzugeben, sind nicht zutreffend", erklärte Sprecher Detlef Sieverdingbeck. Doch das Eigenkapital der mit mehr als zehn Milliarden Euro verschuldeten Franken ist aufgezehrt. Georg Schaeffler, dem 80 Prozent des Unternehmens gehören, bezifferte den Kapitalbedarf kürzlich auf bis zu sechs Milliarden Euro. Ein Investor ist nicht in Sicht.
Als realistisch gilt in Branchenkreisen das Szenario, dass die Gläubigerbanken bei Schaeffler Schulden in Eigenkapital umwandelten, auf diese Weise neue Anteilseigner würden und damit das Sagen hätten. Mehr als fraglich sei, ob der Familie Schaeffler noch eine Sperrminorität von 25 Prozent zugestanden werde. Fachleute sprechen von nur noch zehn Prozent für die Familie.
Denn die Banken sind selbst stark unter Druck. Die Commerzbank steht mit Milliarden im Feuer - die Bank hat Staatshilfen bekommen. Die Royal Bank of Scotland (RBS), ebenfalls Kreditgeber, ist weitgehend verstaatlicht und hat 2008 mit 24 Milliarden Pfund den größten Verlust der britischen Firmengeschichte verzeichnet. Die RBS sei "bewegungsunfähig", es komme bei Schaeffler auf die Commerzbank an, hieß es in Finanzkreisen.
Schaeffler benötigt zum Überleben Milliarden-Staatshilfen. Doch trotz der Tränen, die die Schaeffler-Eigentümerin bei einer Demonstration in Herzogenaurach vergossen hatte, bleiben die Politiker zurückhaltend. Bundeskanzlerin Merkel macht Staatshilfen von einem tragfähigen Zukunftskonzept abhängig - das liegt noch nicht vor.
Bei Conti, die der Übernahme lange Widerstand geleistet hatte, ist die Stimmung gegenüber Schaeffler auf dem Tiefpunkt. Die Hannoveraner ärgert es vor allem, dass Maria-Elisabeth Schaeffler stets im selben Atemzug von der Schaeffler/Conti-Gruppe spricht. Dabei sei Conti bis dato gar kein Teil von Schaeffler, sondern ein eigenständiger Konzern, der sehr gut ohne Schaeffler überleben könnte.