Siemens-Aufsichtsrat treibt Führungsumbau voran

München (dpa) - Nur wenige Wochen nach der Ablösung von Siemens-Chef Peter Löscher treibt der Aufsichtsrat den Umbau der Unternehmensführung voran. Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer wird den Elektrokonzern vorzeitig zum Monatsende verlassen.

An ihrer Stelle soll Technik-Vorstand Klaus Helmrich ab 1. Oktober den Posten des Arbeitsdirektors zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben übernehmen, wie das Unternehmen am Mittwoch in München mitteilte. Zum neuen Finanzvorstand bestellte der Aufsichtsrat mit sofortiger Wirkung den bisherigen Finanzchef des Industriesektors, Ralf Thomas.

Mit dem Abgang Ederers, der bereits am Vortag bekanntgeworden war, hat der Siemens-Vorstand künftig neun statt zehn Mitglieder. Zum Jahresende scheidet zudem mit Barbara Kux auch die zweite Frau aus der Führungsspitze von Deutschlands größtem Elektrokonzern aus. Kux verantwortet bisher den Einkauf bei Siemens. Der Vorstand wird damit künftig wieder rein männlich besetzt sein.

Die Zusammenlegung des Technologie- und Personalressorts begründete Siemens mit der Notwendigkeit, kontinuierlich die besten Talente aus Wissenschaft, Forschung und Technik für sich zu gewinnen. „Brigitte Ederer war durch ihr vorzeitiges Ausscheiden bereit, diese neue Ressortstruktur im Vorstand schon jetzt möglich zu machen“, erklärte Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Ederers Vertrag wäre eigentlich noch bis 2015 gelaufen. Ihr winkt nun dem Vernehmen nach eine Abfindung von fünf Millionen Euro.

Dem vorzeitigen Abgang ging aber auch Streit mit den Arbeitnehmervertretern voraus. Ederer habe bei Fragen der Vielfalt und Familienfreundlichkeit zwar Ergebnisse erreicht, erklärte die stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende Birgit Steinborn. „Wir Arbeitnehmervertreter haben ihr in harten Auseinandersetzungen aber auch versucht zu vermitteln, dass Betriebsräte in wirtschaftlichen Fragen und in Fragen der Unternehmenskultur angehört werden wollen und dass Veränderungen notwendig sind.“ Dabei habe es „grundsätzliche Meinungsunterschiede gegeben, wie betriebliche Mitbestimmung in der Praxis gelebt werden soll.“

Auch im Siemens-Aufsichtsrat ist der Wechsel nach dem Rückzug von Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann unter Dach und Fach: Für ihn soll der Co-Chef von SAP, Jim Hagemann Snabe, in das Kontrollgremium einziehen. Der 47-jährige Däne hat in der SAP-Doppelspitze den Part des Innovationstreibers inne. Unter der Ägide des Managers, der für 2014 seinen Rückzug aus der SAP-Führung angekündigt hatte, wurden beispielsweise die Entwicklungszeiten bei SAP deutlich verkürzt.

Sein Einzug in den Siemens-Aufsichtsrat passt zum Ziel des Elektrokonzerns, die Position im Bereich branchenspezifische Software- und IT-Lösungen weiter auszubauen. Siemens ist Snabes erstes deutsches Aufsichtsratsmandat, daneben sitzt er auch in den Kontrollgremien des dänischen Design-Hauses Bang & Olufsen und der Danske Bank.

Zum zweiten Stellvertreter von Chefaufseher Cromme wählte das Kontrollgremium Aufsichtsrat Werner Wenning. Bisher hatte Ackermann dieses Amt inne. Der Schweizer hatte vor einigen Tagen bestätigt, dass er den Aufsichtsrat des Elektrokonzerns verlassen wird und zur Begründung auf „Diskrepanzen in Stil und Fairnessfragen“ verwiesen. Rund um die Ablösung Löschers Ende Juli war in Medienberichten wiederholt über einen Machtkampf zwischen Ackermann und Cromme spekuliert worden.