Siemens-Chef Kaeser will GE die Stirn bieten
München (dpa) - Der Elektrokonzern Siemens geht selbstbewusst in den weiteren Übernahmepoker um den französischen Alstom-Konzern.
„Wenn irgendein Wettbewerber gedacht hat, wir wären gerade so sehr mit uns selbst beschäftigt, dass wir nicht jederzeit und überall handlungsfähig sind, dann war das ein ziemlicher Irrtum“, sagte Siemens-Chef Joe Kaeser der Mitarbeiterzeitung „Siemens Welt“. Erst kürzlich hatte Kaeser den größten Konzernumbau seit Jahren auf den Weg gebracht. Aus Sorge um die Arbeitsplätze will die IG Metall an diesem Freitag (23. Mai) ihre Forderungen mit einem bundesweiten Aktionstag bei Siemens untermauern.
Auch beim Kauf des Gasturbinen- und Kompressorengeschäfts des Flugzeugtriebwerkherstellers Rolls-Royce habe sich Siemens entschlossen gezeigt, sagte Kaeser. „Wir sind und bleiben sehr handlungsfähig - strategisch und finanziell.“ Siemens ist wie der US-Rivale General Electric an einer Übernahme von Alstom interessiert und prüft derzeit die Bücher der Franzosen. Danach will der Elektrokonzern möglicherweise ein eigenes Angebot für Alstom abgeben. GE hatte für das Energietechnik-Geschäft von Alstom 12,35 Milliarden Euro geboten. Siemens wiederum soll den Franzosen einen Tausch seiner Bahnsparte gegen das Energiegeschäft von Alstom vorgeschlagen haben.
Das Bahngeschäft habe sich in letzter Zeit „merklich verbessert“, sagte Kaeser. „Wenn wir aber im harten globalen Wettbewerb gemeinsam europäisch stärker werden können, sollte man solche Optionen prüfen. Das gilt sowohl für das Energie- wie das Bahngeschäft.“ Den Mitarbeitern versicherte der Konzernchef, dass Siemens langfristig im Bahngeschäft engagiert bleiben wolle - „egal in welcher Konstellation“. Wie dann gegebenenfalls Mehrheitsverhältnisse kurz- und langfristig aussähen, müsse man sehen.
Mit dem tiefgreifenden Konzernumbau will Kaeser Siemens schlanker und effizienter machen und bis Herbst 2016 auch die Kosten um eine Milliarde Euro drücken. Dabei soll die Einteilung des Geschäfts in die vier Sektoren Energie, Industrie, Medizintechnik sowie Infrastruktur und Städte aufgelöst und die Zahl der Divisionen von 16 auf neun reduziert werden. Nach dpa-Informationen könnten 5000 bis 10 000 Arbeitsplätze bedroht sein. IG-Metall-Bezirkschef Jürgen Wechsler erklärte am Donnerstag: „Eine Verschlankung der Strukturen und Prozesse auf Kosten der Standorte, der Beschäftigten und ihrer Arbeitsplätze werden wir nicht zulassen.“
Siemens-Aufsichtsrat Jürgen Kerner vom IG-Metall-Bundesvorstand beklagte eine Verunsicherung der Beschäftigten. „Wenn es darum geht, den Konzern zu verschlanken und Prozesse zu vereinfachen, sehe ich eine große Bereitschaft bei den Beschäftigten, diesen Weg mitzugehen“, sagte Kerner den „Nürnberger Nachrichten“ (Freitag). „Da Kaeser dies aber gleichzeitig damit verbindet, eine Milliarde Euro einsparen zu wollen, ruft er natürlich Ängste vor einem weiteren Stellenabbau hervor.“ Statt sie zu verunsichern sollte Kaeser die Menschen „auf seinem Weg mitnehmen“, mahnte Kerner.
Schwerpunkte des Aktionstages sind der Siemens-Bahntechnik-Standort Krefeld sowie Erlangen und das Lokomotiven-Werk in München-Allach. Die Gewerkschaft verlange von Siemens eine tragfähige Deutschland-Strategie mit Investitionen in Betriebe, in Forschung und Entwicklung, sagte Wechsler. „Wir wollen ein Personalkonzept mit sicheren Stammarbeitsplätzen und einem festen Beschäftigungsvolumen. Und wir wollen, dass in unruhiges Fahrwasser geratene Geschäfte und Bereiche nicht reflexartig abgestoßen, sondern aus eigener Kraft innerhalb der Siemens AG wieder flottgemacht werden.“