Siemens macht Tempo - Rekordgewinn und Auftragsboom
München (dpa) - Der Elektrokonzern Siemens erfreut seine Aktionäre zum Start ins Geschäftsjahr mit einem Rekordgewinn und prall gefüllten Auftragsbüchern.
Vor allem die boomende Nachfrage aus Schwellenländern wie Indien und China verschaffte dem Unternehmen in den ersten drei Monaten 2010/11 (30. September) einen Auftragsschub, und auch der Umsatz legte kräftig zu. „Wir haben den Schwung aus dem vergangenen Jahr mitgenommen“, sagte Konzernchef Peter Löscher am Dienstag zur Hauptversammlung in München. „Siemens ist voll auf Wachstumskurs.“ Die überraschend schnelle und kraftvolle Erholung der Weltwirtschaft biete dafür beste Voraussetzungen.
Aktionärsschützer lobten die gute Entwicklung bei Siemens. „Die Aktionäre können nicht zur zufrieden sein, ich gratuliere Vorstand, Aufsichtsrat und allen Mitarbeitern“, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Zugleich mahnte sie eine Lösung für das verlustreiche Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks an und kritisierte die hohen Bezahlungen für Vorstand und Aufsichtsrat. „Die Höhe Ihrer Vergütungen lässt Fehler und Entschuldigungen nicht zu“, sagte Bergdolt.
Zwischen Oktober und Dezember sammelte der Konzern Bestellungen im Wert von 22,6 Milliarden Euro ein und damit fast ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum. Mit 92 Milliarden Euro ist das Auftragspolster von Siemens dick wie nie, deshalb könnten auch die Lieferzeiten in einzelnen Bereichen ein Thema werden, sagte Löscher. Engpässe gebe es aber derzeit noch nicht.
Besonders das Geschäft in schnell anspringenden Segmenten wie der Industrieautomatisierung und der Antriebstechnologie brummt. Im Kraftwerksgeschäft profitiert Siemens von einer Reihe von Großprojekten, und auch die Verkehrstechniksparte konnte den Auftragseingang kräftig ausweiten. Dagegen blieben die Bestellungen in der Sparte erneuerbare Energien weit hinter dem Vorjahreszeitraum zurück, der von einer Reihe von Großaufträgen geprägt war.
Der Umsatz des Konzerns wuchs im ersten Quartal um 12 Prozent auf 19,5 Milliarden Euro. In den drei Kerngeschäftsfelder Industrie, Energie und Gesundheit verbuchte Siemens ein operatives Ergebnis von 2,2 Milliarden Euro, das sind 6 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Unter dem Strich fuhr das Unternehmen 1,75 Milliarden Euro Gewinn ein und damit 15 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Angesichts der guten Entwicklung baut Siemens auch die Belegschaft wieder aus. Im ersten Quartal wuchs die Zahl der Mitarbeiter um 5000 auf 410 000. In Deutschland arbeiteten 129 000 Menschen für den Konzern und damit 1000 mehr als Ende September 2010.
Löscher bekräftigte die Jahresprognose. „Wir sind voll auf Kurs, unsere für 2011 gesteckten Ziele zu erreichen“, erklärte er. Der Auftragseingang soll im Geschäftsjahr 2010/11 deutlich, also um etwa fünf bis zehn Prozent zulegen, beim Umsatz sieht Siemens ein moderates Wachstum. Für das Ergebnis im fortgeführten Geschäft - also in den Bereichen, in denen das Unternehmen auch künftig tätig sein will - wird ein Schub um mindestens 25 bis 35 Prozent erwartet.
Auf dieser Basis hatte das Unternehmen im ersten Quartal mit knapp 1,8 Milliarden Euro das beste Ergebnis der Firmengeschichte erreicht, obwohl die Trennung vom Sorgenkind SIS Belastungen von 136 Millionen Euro mit sich brachte. Siemens gibt den kriselnden IT-Dienstleister SIS nach jahrelangen erfolglosen Sanierungsbemühungen an die französische Atos Origin ab und beteiligt sich im Gegenzug an Atos.
Über die steigenden Rohstoffpreise macht sich Siemens bisher keine Sorgen. „Wir haben frühzeitig Sicherungsmaßnahmen ergriffen“, sagte Finanzchef Joe Kaeser. „Wir haben keine Versorgungsengpässe.“ Aus den Sicherungsmaßnahmen könnten dem Konzern sogar vorteilhafte Effekte erwachsen.
Auf der Hauptversammlung holte sich das Unternehmen auch grünes Licht für das neue Vergütungssystem für seine Aufsichtsräte. Die Aktionäre segneten die Pläne am Abend mit großer Mehrheit ab. Siemens verzichtet damit künftig auf die bisher übliche variable Vergütung der Kontrolleure und hebt im Gegenzug ihr Fixgehalt an. Das Unternehmen hatte den Schritt damit begründet, dass sich die Arbeitsbelastung der Mitglieder nicht parallel zum geschäftlichen Erfolg entwickele. Zuvor hatte die Fondsgesellschaft DWS den Schritt auf dem Aktionärstreffen als „falschen Weg“ kritisiert.