Spaniens Keks-Könige streiten ums Erbe

Die Geschichte von „Galletas Gullon“ gleicht einer TV-Seifenoper.

Madrid. Es war das kurioseste Aktionärstreffen, welches Spanien bisher erlebt hat: Die Anteilseigner des Keksfabrikanten "Galletas Gullon" trafen sich nicht im kühlen Konferenzzimmer. Oder in einem hübschen Hotelsalon. Sondern auf den Sitzen eines Mercedes, der vor der Tür jenes Imperiums parkte, das sich selbst als "letzten familiengeführten Keks-Konzern" Spaniens bezeichnet.

Doch von trautem Familienleben kann nicht die Rede sein. Die Episode auf der Straße in dem nordspanischen Dorf Aguilar de Campoo symbolisiert das jüngste Kapitel jenes Keks-Familienkrieges, der sich gut als Drehbuch für eine TV-Seifenoper nach Vorbild der US-Familienstreit-Serien Dallas oder Denver-Clan eignen würde.

Der Kampf in der Fabrikantenfamilie Gullon ist ein Kampf der Geschlechter: Frauen gegen Männer, Mutter gegen Söhne, Schwestern gegen Brüder. Ein gnadenloser Krieg um Erbe und Macht in Spaniens berühmtester Industriebackstube - die auch nach Deutschland liefert.

Ein Haus mit 100-jähriger Tradition, in dem Maria Teresa Rodriguez (68) nach dem Unfalltod ihres Mannes Jose Manuel Gullon 1983 zur Mehrheitsaktionärin aufstieg. Die Geschäfte der Keks-Königin liefen gut - bis ihre beiden Brüder und ihre drei Söhne rebellierten und die Chefin absägten. Angeblich, weil das Firmenwohl bedroht war.

Die Keks-Erbin zog vor den Kadi. Und der Handelsrichter wollte, dass die Anteilseigner ihre Probleme in einer "Außerordentlichen Hauptversammlung" regeln. Doch nachdem ein Wachmann des Konzerns der Keksfabrikantin den Zutritt zur Zentrale verwehrte, zelebrierte die Unternehmerin das Krisentreffen eben in einer schwarzen Mercedes-Limousine.

Im Wagen saßen Maria Teresa Rodriguez und ihre Tochter Lourdes, assistiert von Rodriguez’ Vertrautem und Ex-Generaldirektor Juan Miguel Martinez. Die drei besitzen zusammen, nach ihrer Sichtweise, 80 Prozent der Stimmrechte. Und sie ließen gleich Köpfe rollen: Sie entließen den Gullon-Vorstand des feindlichen Familienlagers, setzten Matriarchin Rodriguez als "alleinige Verwalterin" ein. Der Keks-Konzern "ist mein Leben", sagt Maria Teresa Rodriguez. "Ich lasse mich nicht von meinen Söhnen und Brüdern vertreiben."

Der Gegenangriff folgte prompt: Die Aktionärsversammlung sei eine "Zirkusveranstaltung", sagte ein Gullon-Sprecher. Die Entscheidungen werde man nicht anerkennen. Auch sei Rodriguez nicht mehr Mehrheitsaktionärin, sie habe den erwachsenen Kindern zustehende Anteile an sich gerissen.

Auf die Firmenbilanz scheint die Familienschlacht derweil wenig Einfluss zu haben: Der Konzern Gullon steigerte 2009 seinen Umsatz um 13 Prozent.