Staatsanwalt: Deutsche Bank ermöglichte Steuerbetrug
Frankfurt/Main (dpa) - Mehr als 230 Millionen Euro sollen sechs Geschäftsleute durch den betrügerischen Handel mit CO2-Zertifikaten ergaunert haben. Das Umsatzsteuerkarussell stand bei der Deutschen Bank, sagt die Justiz und gibt dem Institut eine Mitschuld.
Ohne das Institut hätten die Betrügereien mit den Luftverschmutzungsrechten nie stattfinden können, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Gonder am Montag bei seinem Plädoyer vor dem Frankfurter Landgericht.
Dort warten sechs Geschäftsleute auf ihr Urteil, die über die Deutsche Bank einen schwunghaften Handel mit den Zertifikaten organisiert hatten, um an ungerechtfertigte Erstattungen der Umsatzsteuer zu kommen. Es geht dabei um mehr als 230 Millionen Euro. Die Angeklagten haben die Taten weitgehend eingeräumt, teilweise aber behauptet, sich auf die Seriösität der Deutschen Bank verlassen zu haben. Die Staatsanwälte ermitteln über das laufende Gerichtsverfahren hinaus gegen sieben Mitarbeiter der Bank, von denen sechs im laufenden Prozess als Zeugen die Aussage verweigerten, weil sie sich nicht selbst belasten müssen.
In seinem Plädoyer forderte Gonder wie erwartet hohe Haftstrafen für die zwischen 27 und 66 Jahre alten Angeklagten. Für einen 28 Jahre alten Mann, auf dessen Konto ein Steuerschaden von allein 105 Millionen gehen soll, beantragte der Anklagevertreter mit achteinhalb Jahren die höchste Strafe. Er habe wie auch die fünf Mitangeklagten die Handelsketten zum Schein aufgebaut, um damit den Fiskus zu schädigen. „Die von den Angeklagten betriebenen Firmen dienten nur als Fassade, hinter der die angeblichen Vorsteuern geltend gemacht wurden“, fasste Gonder das Grundprinzip des Umsatzsteuerkarussells zusammen. Für vier weitere Mitangeklagte forderte er Haftstrafen von jeweils vier bis sechs Jahren.
Ein weiterer Angeklagter, der bereits am ersten Verhandlungstag ein detailliertes Geständnis abgelegt und damit „die Aufklärung des Falles vorangetrieben“ habe, soll laut Gonder lediglich für drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis.
Obwohl bislang keiner ihrer Mitarbeiter angeklagt ist, steht die Deutsche Bank in dem Prozess von Beginn an mit am Pranger. Sie habe den Handel mit den gerade erst eingeführten Zertifikaten erst ermöglicht, analysierte der Oberstaatsanwalt. Die Zentrale des größten Kreditinstituts war im April 2010 von einem Großaufgebot der Polizei und Steuerfahndung durchsucht worden. Die Aktion war aber vorab verraten worden.
Die Bank selbst geht weiterhin von der Unschuld ihrer Mitarbeiter aus. „Die Deutsche Bank ist nicht direkt am Prozess beteiligt und hat deshalb keine Einsicht in die Verfahrensakten. Eine interne Untersuchung einer unabhängigen Rechtsanwaltskanzlei hat bisher keine Hinweise auf eine Verstrickung der Mitarbeiter der Bank ergeben“, erklärte ein Sprecher. Die Rechtsanwälte der bezichtigten Bankmitarbeiter haben den seit August geführten Prozess im Zuschauerraum aufmerksam verfolgt. Das Urteil gegen die sechs angeklagten Geschäftsleute wird für den 21. Dezember erwartet.