Stiftung verliert Einfluss: Bollwerk von ThyssenKrupp bröckelt
Essen (dpa) - Die mächtige Krupp-Stiftung galt über lange Zeit als Bollwerk gegen feindliche Übernahmen bei ThyssenKrupp - nun hat sie an Einfluss bei dem angeschlagenen Industriekonzern verloren.
Die Beteiligung der Stiftung sei auf 22,99 Prozent und damit unter die Sperrminorität gesunken, teilte eine Sprecherin mit. Bislang konnte die nach dem Tod von Alfried Krupp testamentarisch verfügte Stiftung mit einer Beteiligung von zuletzt 25,3 Prozent wichtige Beschlüsse der Hauptversammlung blockieren.
Nach dem Tod des Krupp-Patriarchen Berthold Beitz war die Stiftung von der Wissenschaftlerin und Rektorin der Technischen Universität Dortmund, Ursula Gather, geführt worden. Die Stiftung beteiligte sich nicht an einer Erhöhung des Grundkapitals um zehn Prozent. Sie bleibe aber verlässliche Ankeraktionärin des Konzerns, erklärte Gather.
Eine Sperrminorität von mehr als 25 Prozent sei nicht zwingend nötig, um wichtige Beschlüsse der Hauptversammlung zu blockieren, sagte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Da normalerweise nur zwischen 50 und 60 Prozent der Stimmen bei den Aktionärstreffen des Konzerns vertreten seien, könne ein wichtiger Ankeraktionär wie die Krupp-Stiftung auch mit weniger Stimmen agieren. Das wäre dann jedoch eine „Zitterpartie“.
Der finanziell angeschlagene Industriekonzern wollte sich mit der Kapitalerhöhung Luft verschaffen. Knapp 900 Millionen Euro flossen dadurch in die Kassen des Unternehmens, wie ThyssenKrupp mitteilte. Die Aktien seien überwiegend bei langfristig orientierten Investoren platziert worden, erklärte Finanzvorstand Guido Kerkhoff.
Zunächst war unklar, ob sich auch der schwedische Großaktionär Cevian an der Kapitalerhöhung beteiligte. Eine Sprecherin des Investors lehnte auf Anfrage einen Kommentar dazu ab. Cevian war zuletzt mit 6,1 Prozent an dem Konzern beteiligt und damit zweitgrößter Einzelaktionär hinter der Krupp-Stiftung. Die Schweden hatten eine Aufstockung ihres Anteils nicht ausgeschlossen.
Am Montagabend hatte ThyssenKrupp damit begonnen, knapp 51,5 Millionen neue Papiere zum Stückpreis von 17,15 Euro zu platzieren. Der Preis lag damit um 2,75 Prozent unter dem Schlusskurs von Montag. Nach den am Wochenende bei einer eilig einberufenen Bilanzpressekonferenz verkündeten Hiobsbotschaften war der Kurs um über acht Prozent eingebrochen. Am Dienstag verloren die Aktien weiter an Boden und lagen am Nachmittag um gut 2 Prozent im Minus.
ThyssenKrupp steckt seit geraumer Zeit in der Krise und benötigt das frische Geld, um seine Schulden zu senken und das Eigenkapital zu stärken. Im vergangenen Geschäftsjahr (Ende September) stand unter dem Strich ein Verlust von 1,5 Milliarden Euro. Die Eigenkapitalquote war zuletzt auf nur noch 7,1 Prozent abgesackt. Durch die Kapitalerhöhung soll das Eigenkapital wieder deutlich ansteigen.