Stillhalteabkommen bei Opel
Die betroffenen EU-Länder führen keine eigenen Verhandlungen mit GM mehr. Sie gehen abgestimmt vor.
Brüssel. Europas Regierungen wollen durch ein Stillhalteabkommen verhindern, dass sie im Poker um die Opel-Standorte von General Motors gegeneinander ausgespielt werden. Der deutsche Wirtschafts-Staatssekretär Jochen Homann berichtete nach einem Spitzentreffen in Brüssel, alle EU-Staaten hätten sich gegenseitig dazu verpflichtet, "keine Zugeständnisse und keine Zusagen zu machen, bevor GM seinen Sanierungsplan vorgelegt hat".
Der flämische Ministerpräsident Kris Peeters erklärte zum Zeitplan, er rechne damit, dass General Motors seine Pläne für die Zukunft von Opel allen EU-Staaten bis zum Freitag vorlege. Dann hätten alle Regierungen einige Tage Zeit, sich auf ein erneutes EU-Ministertreffen - wahrscheinlich am 4. Dezember - vorzubereiten, bei dem dann eine abgestimmte Vorgehensweise beschlossen werden soll. Alle EU-Länder seien übereingekommen, dass bis dahin niemand mehr eigene Verhandlungen mit dem US-Konzern führt.
Seit der von der Bundesregierung angestrebte Verkauf von Opel an den österreichischen Zulieferer Magna geplatzt ist, befindet sich Deutschland in einer schwierigen Konkurrenzsituation. Denn mehrere EU-Nachbarn sind bereit, General Motors Millionenhilfen zu gewähren, um im Gegenzug ihre heimischen Standorte zu sichern. So bestätigte Flanderns Ministerpräsident Peeters, dass eine 500 Millionen Euro umfassende Hilfe weiterhin auf dem Tisch liege.
Die flämische Regierung hat wiederholt erklärt, sie knüpfe diese Unterstützung an die Bedingung, dass der von Schließung bedrohte Opel-Standort Antwerpen dauerhaft erhalten bleibe. Auch aus Spanien und Großbritannien wird berichtet, dass die Regierungen dreistellige Millionenbeträge als Bürgschaften oder Finanzspritzen in Aussicht stellen.
Die Bundesregierung setzt nun auf die EU-Kommission. Als oberste europäische Wettbewerbsbehörde hat sie die Möglichkeit, staatliche Beihilfen zu beanstanden, falls sie gegen die Prinzipien des Binnenmarkts und des Wettbewerbs verstoßen.
Die EU-Behörde hat versprochen, darauf zu achten, dass staatliche Hilfen nicht daran gekoppelt werden, wo Geld investiert wird und welche Sanierungsschritte für welche Standorte vorgesehen sind. Deutschland verlasse sich auf die EU-Kommission, die ja bereits zugesagt habe, einer "Versteigerung von Jobs" vorzubeugen, erklärte Staatssekretär Homann.
Angesprochen darauf, dass gerade Deutschland mit dem Versprechen von Milliardensummen begonnen habe, hielt Homann gegen, das Angebot an Magna sei etwas anderes gewesen. Die Bundesregierung habe schließlich die Brückenfinanzierung von 4,5 Milliarden nur "im Vorgriff auf Beteiligungen anderer Länder" offeriert.
Ob Deutschland Steuerzahlergeld für Opel locker macht oder nicht, ist nach wie vor unklar. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatte zuvor erklärt, General Motors könne Hilfen aus dem Konjunkturprogramm Deutschlandfonds beantragen.
Keine Frage, Europas Regierungen haben eine vernünftige Absprachegetroffen. Kein EU-Land soll General Motors irgendwelche Zusagen fürstaatliche Hilfen machen, um seine Standorte zu schützen. Das ist klug.
Aber die Verabredung kommt viel zu spät. Und sie ist brüchig.Deutschland hat beim Opel-Poker fatalerweise auf das falsche Blattgesetzt - und ist seit dem Aus für die Magna-Pläne in die Defensivegeraten. Denn mittlerweile muss Deutschland beobachten, wie dieNachbarn ihre Standort-Deals mit GM ausgemacht haben. Daran ändert nunauch der Stillhalte-Pakt von Brüssel nicht viel.
Auch wenn es mancher gerne anders darstellt: Im Fall Opel hat derWettbewerb der Standorte den Binnenmarkt einem Crash-Test unterzogen,den er nicht bestanden hat. Europa hat diesmal nicht gut funktioniert.Und Deutschland trägt daran ein gerütteltes Maß an Schuld.