Deutsche Wirtschaft meldet sich zurück
Erstmals seit dem konjunkturellen Kollaps setzen die Firmen wieder auf Investitionen.
Frankfurt/Wiesbaden. Nun meldet sie sich zurück, die deutsche Wirtschaft. So überraschend, wie es im vergangenen Herbst nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman bergab ging, geht es nun wieder bergauf. "Willkommen zurück", kommentierten Volkswirte das starke Wachstum Deutschlands von 0,7 Prozent im dritten Quartal. Erstmals seit eineinhalb Jahren legt die Konjunktur wieder kräftig zu und erholt sich wie aus dem Lehrbuch. Die schwerste Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik ist endgültig Vergangenheit.
Die Trendwende, die bereits im Frühjahr eingesetzt hatte, ist auch dem Staat zu verdanken: Bauaufträge und Abwrackprämie kurbelten die Wirtschaft im Sommer an. Die positiven Auswirkungen werden noch eine Zeitlang anhalten. Auch die Firmen trauten sich erstmals seit dem Kollaps wieder zu investieren. "Voraussetzung dafür ist ein gewisser Optimismus, und der ist wieder da", sagt der Deutschland- Chefvolkswirt der UniCredit, Andreas Rees.
Doch auch wenn das Wachstum solide ist, gibt es Wermutstropfen. "Wir sehen eine Erholung der Wirtschaft. Aber es ist ein Mini-Aufschwung", sagt der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater. Denn im gesamten Jahr 2009 wird die deutsche Wirtschaft um vier bis fünf Prozent schrumpfen - der Absturz wird fünfmal so stark sein wie beim bisher schlimmsten Einbruch 1975 nach der Ölkrise. Erst 2013 erreicht die Wirtschaft wieder das Niveau von vor der Krise.
Wie geht es nach dem Auslaufen der milliardenschweren staatlichen Förderung weiter? Nicht mehr ganz so schnell nach oben, sagen die Volkswirte. Die Wirtschaft wird 2010 wachsen - um bis zu zwei Prozent. Doch wie die historische Erfahrung zeigt, dauert die Erholung nach Rezessionen, die von Finanzkrisen ausgelöst wurden, immer länger als bei normalen Rezessionen.
Denn noch immer türmen sich ungelöste Probleme. Der Finanzsektor kämpft mit Risiken in den Bilanzen, die Banken verknappen die Kredite, und vielen Firmen geht das Geld aus. Eine Insolvenzwelle rollt heran. Doch der völlig überschuldete Staat hat nicht mehr die Milliarden, um Firmen zu retten. "Das Haus wird im Innern umgebaut, deshalb kann es außen noch nicht um ein Stockwerk wachsen", erklärt Kater den langsamen Aufschwung.
Deutschlands Exportindustrie profitierte in diesem Jahr von Konjunkturpaketen weltweit, aber diese laufen aus. Auch die heimischen Verbraucher werden das Wachstum in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit nicht lange stützen. Bislang haben sie die Wirtschaft vor Schlimmerem bewahrt - Steuersenkungen, Tarifabschlüssen und stabilen Preisen sei dank. Doch wenn 2010 die Inflation wie erwartet anzieht, werden die Bürger an der Tankstelle oder beim Heizöl mehr Geld ausgeben, das ihnen dann beim Einkaufen fehlt.
Manche Firmen werden nicht um Entlassungen herumkommen, denn die Krise macht sich erst mit Verzögerung bei den Jobs bemerkbar. Die Kurzarbeit läuft aus, Arbeitszeitkonten sind geleert. Horrorszenarien auf dem Arbeitsmarkt mit fünf Millionen Erwerbslosen im Jahresschnitt erwartet der Sachverständigenrat der Bundesregierung zwar nicht, aber einen Anstieg auf vier Millionen schon. Auch wenn das Schlimmste überstanden ist, wird es ein mühsamer Aufschwung werden.