Studie: Deutsche Autobauer hängen immer mehr von China ab
Stuttgart/Hannover (dpa) - Deutschlands Autoindustrie erkauft sich ihren aktuellen Erfolg laut einer Studie mit steigender Abhängigkeit vom Markt in China. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Absatz von deutschen Herstellern in China mit nunmehr 3,7 Millionen Fahrzeugen mehr als verdreifacht.
Der Anteil Chinas am Gesamtabsatz der deutschen Autobauer stieg damit von 12 auf 28 Prozent, wie aus einer Analyse der Berater und Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) hervorgeht. Sie lag der Nachrichtenagentur dpa am Montag in Hannover vor. Demnach hängt die deutsche Konkurrenz aus den USA und Japan weit weniger stark vom Reich der Mitte ab. EY-Branchenfachmann Peter Fuß rechnet daher damit, dass die deutschen Autobauer künftig gegensteuern und verstärkt den Absatzmarkt USA in den Blick nehmen.
„Die aktuelle Stärke der deutschen Autohersteller ist ganz maßgeblich dem chinesischen Absatzmarkt zu verdanken“, berichtete Fuß, der als Partner bei EY seit Jahren die Branche in strategischen Fragen berät. Die Bedeutung Chinas - schon heute der größte Pkw-Markt der Welt - werde für die deutschen Autokonzerne auch weiter rasant zunehmen.
So dürfte das Riesenreich spätestens 2015 vor Westeuropa der größte Absatzmarkt für die deutschen Hersteller sein. Damit steige die Abhängigkeit vom durchaus schwierigen und risikobehafteten chinesischen Markt weiter an. Als Gegenmaßnahme dürften die deutschen Autobauer daher versuchen, die Waage wieder mehr ins Gleichgewicht zu bringen. Der wichtigste Hebel dabei: der US-Markt. Die Staaten versprächen ein stabiles Wachstum, sind hinter China der zweitwichtigste Automarkt der Welt - und die deutschen Hersteller setzten dort derzeit nur ein Zehntel ihrer Fahrzeuge ab.
Den größten Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat der VW-Konzern mit seinem großen Volumen als europäischer Branchenprimus, der schon heute ein Drittel seinen gesamten Absatzes in China macht. Bei seiner Kernmarke VW-Pkw war es jüngst sogar schon fast die Hälfte. In den boomenden USA dagegen schwächeln die Wolfsburger seit vielen Monaten.
Fuß betonte: „Nennenswertes Wachstum findet mittelfristig nur außerhalb Europas statt.“ Für den Standort Deutschland sei das eine große Herausforderung, da die neuen Fabriken in der Tendenz vor allem nach Übersee gehen dürften. „Auch Marktforschung, Entwicklung, Design und Marketing müssen immer stärker vor Ort stattfinden. Den Unternehmen bleibt gar nichts anderes übrig, wenn sie am Puls der Zeit bleiben und aktuelle Trends nicht verpassen wollen“, beschreibt Fuß die Perspektive.