„SZ“: Griechenland bekommt zwei Jahre mehr Zeit
München/Athen (dpa) - Die griechische Regierung soll nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ zwei Jahre mehr Zeit für die Sanierung des maroden Staatshaushalts erhalten.
Das Land müsse die Neuverschuldung statt 2014 erst 2016 wieder unter die EU-Obergrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken, berichtet das Blatt (Mittwoch), ohne Quellen zu nennen. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus griechischen Regierungskreisen erfuhr, liegt zwar ein entsprechender Entwurf vor. Über die Bedingungen für die Fristverlängerung werde noch verhandelt.
In deutschen Regierungskreisen hieß es dagegen, man warte nach wie vor auf den Bericht der „Troika“ aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB). Man sei es leid, auf jedes beliebige Gerücht interessierter Kreise zu reagieren, hieß es aus mehreren Quellen in Berlin. Entwürfe gebe es möglicherweise viele. Eine entsprechende Entscheidung sei nicht bekannt. Vor Vorlage des „Troika“-Berichts könne nicht beurteilt werden, ob Athen mehr Zeit bekomme.
Dagegen berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ weiter, auch die Fristen für die Umsetzung von Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in der Energiewirtschaft sowie für den Verkauf staatlicher Betriebe und Grundstücke würden verlängert.
Ministerpräsident Antonis Samaras kann dem Bericht zufolge damit rechnen, dass die Helfer in Kürze den nächsten Hilfskredit von fast 32 Milliarden Euro freigeben. Bei den Privatisierungserlösen peile Griechenland nun bis Ende 2015 eine Summe von 8,8 Milliarden Euro statt der bisher veranschlagten 19 Milliarden Euro an. Dies ergebe sich aus dem Entwurf für eine Absichtserklärung („Memorandum of Understanding“) der Griechen und ihrer internationalen Geldgeber.
Die Zeit für Griechenland wird knapp, Athen hat nur noch bis zum 16. November Geld. Am Dienstagabend wandte sich Samaras mit einer kurzen Rede an das Volk. Er rief alle Griechen auf, im Kampf gegen die Krise größtmögliche Einigkeit zu zeigen. „Ich schaue nach vorne und fordere die größtmögliche Einigkeit.“ Diejenigen die jetzt Mut zeigen werden, „werden das Land retten“, sagte Samaras im Fernsehen.
Die Koalitionsparteien konnten sich auch am Dienstag nicht auf Teile des Spar- und Reformprogramms einigen. Knackpunkt sind dabei Forderungen der Geldgeber nach Reformen auf dem Arbeitsmarkt. Dies bestätigten die Chefs der beiden kleineren Parteien der Regierungskoalition, der Sozialist Evangelos Venizelos und der Vorsitzende der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, nach einem Treffen mit Samaras.
Es geht bei den Auseinandersetzungen um Forderungen der „Troika“ nach Reformen des Arbeitsmarktes, darunter die Halbierung der Abfindungen entlassener Arbeitnehmer und die Wiedereinführung der Sechs-Tage-Woche, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen der Regierung erfuhr. Dabei handele es sich nach Ansicht Athens aber um keine der Vereinbarungen, die im Sparpakt vorgesehen seien. Das reine Sparprogramm in Höhe von 13,5 Milliarden Euro sei praktisch unter Dach und Fach. Es sei „unfassbar“, dass nun neue Forderungen nach Reformen auf dem Arbeitsmarkt gestellt würden, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums.
Die drei Koalitionsparteien befürchten, dass ihre Abgeordneten die Zustimmung zu einigen Sparmaßnahmen und Reformen verweigern und damit eine Regierungskrise auslösen könnten. Unter den Parlamentariern der Sozialisten und Demokratischen Linken herrsche „helle Aufregung“, berichteten mehrere griechische Medien. Seit Juni schrumpfte die Mehrheit der drei Koalitionsparteien von 179 auf 176 Abgeordnete im griechischen Parlament, das insgesamt 300 Volksvertreter zählt.