Werk Thermomix’ Abschied aus dem Tal
Wuppertal · Viele Hobbyköche schwören auf die Küchenmaschine. Mit der Produktion am Stammsitz Wuppertal ist 2020 aber Schluss. Dann kommen die Maschinen nur noch aus China und Frankreich.
„Was bei uns an erster Stelle steht: aus Kunden Fans zu machen.“ So hat Vorwerk einst seine vermeintliche „weltklasse“ Küchenmaschine, den „Thermomix“, in einem Werbespot gepriesen und die begleitende Marketingstrategie gleich noch zum Produktbestandteil gemacht. Motto: Wem das Gerät die Küche und das Essen veredelt, der bekommt gleich noch eine ganze Gemeinschaft dazu. Das Ganze hat lange gut funktioniert: Es entwickelte sich nicht nur eine weltweite Community für Rezept-Ideen, sondern auch eigene Fanclubs mit allerhand Lobpreisungen, Gedichten oder Liedern. Der Thermomix war mindestens in einer gewaltigen Blase Kult, so edel und strahlend wie das Iphone-Geschäft von Apple. Das Ganze klang auch deshalb so verheißungsvoll, weil es eine Geschichte made in germany zu sein schien, die aus Wuppertal geradewegs in die Küchen der Welt geliefert wurde.
Zumindest damit ist aber jetzt ganz offiziell Schluss. Vorwerk wird die Produktion der rund 1300 Euro teuren Küchenmaschine in Wuppertal-Laaken wie geplant zum Jahresende einstellen. „Wir können so die Investitionsfähigkeit des Unternehmens erhalten“, sagt eine Unternehmenssprecherin das, was auch Firmenchef Reiner Strecker (seit 2009) schon im Sommer gesagt hatte. Wohlgemerkt trotz jüngst guter Zahlen, wie die Sprecherin jetzt nach durchlittener Durststrecke mitteilte: Man sehe derzeit ein „starkes internationales“ und in Deutschland ein prozentual „zweistelliges Wachstum“ mit dem aktuellen Modell TM6, den das Unternehmen allerdings auch braucht: Neuere Vorwerk-Produkte wie der Werkzeugkoffer Twercs für Damen mit Heißklebepistole und Stichsäge oder der 600 Euro teure Teekocher Temial floppten zuletzt.
Über das Thermomix-Ende in Wuppertal hatte diese Zeitung bereits im Sommer berichtet. Jetzt ist es offiziell bestätigt: Die Produktion der Maschine findet wie schon bislang vor allem und jetzt ausschließlich in Frankreich und jetzt auch China (Shanghai) statt. Denn zur Wahrheit gehört, dass in Wuppertal eher eine kleiner Zahl an Mitarbeitern in der direkten Produktion des Küchen-Wunderwerks gearbeitet hatte: Mitarbeiter, die sich im Bereich der Variantenfertigung betätigten (vor allem kleinere Stückzahlen für einzelne Märkte mit anderen Stromspannungen oder anderer Steckerform). Gleichwohl wird Wuppertal im Spiel bleiben: Wesentliche und laut Konzernsprecherin auch „erkennbare“ Komponenten wie der Motor und das Mixmesser im Thermomix werden weiter in Wuppertal produziert. Man legt Wert darauf. Wuppertal gilt als Marke stärkend.
Vorwerk hatte nach starkem Wachstum durch neue Technologien und digitalisierte Produkte in den Vorjahren erhebliche Produktionskapazitäten aufgebaut, vor allem seit 2014 der so genannte TM5 als digitalisierte Version ein durchschlagender Erfolg geworden war und die Thermomix-Umsätze um fast 50 Prozent auf 1,375 Milliarden Euro stiegen. In der Folge sollte der Sitz in Frankreich entlastet und die seinerzeit ausgedehnten Wartezeiten für Kunden verkürzt werden.
Hauptstandort für die Produktion ist Cloyes-sur-le-Loir
Im Sommer 2019 wurde aber ein Konsolidierungsprogramm angekündigt, mit dem in Wuppertal 200 Vollzeitstellen von 2500 Stellen in Produktion und Verwaltung abgebaut werden sollten. Dieser Abbau ist geschehen. Betriebsbedingte Kündigungen seien dabei mithilfe von Abfindungen und Altersteilzeitvereinbarungen bis auf wenige Ausnahmen vermieden worden, teilte das Unternehmen mit. Mit dem Konsolidierungsprogramm hatte Vorwerk auf deutliche Umsatzrückgänge reagiert, die auch darauf zurückzuführen waren, dass sich der Thermomix zuletzt nicht mehr so gut verkaufte wie zuvor.
Hauptstandort für die Thermomix-Produktion war auch bislang schon der Sitz in Frankreich in Cloyes-sur-le-Loir, wo vor allem die Kunststoff-Gehäuseteile hergestellt und glasfaserverstärkte, spritzgegossene Teile automatisiert weiterverarbeitet werden. In Cloyes werden auch die Geräte für den deutschen Markt produziert.