Umwelthilfe: Autolobby diktierte Schwarz-Gelb Gesetze
Berlin (dpa) - Umweltschützer haben der amtierenden schwarz-gelben Regierung massive Lobby-Absprachen mit der Autoindustrie vorgeworfen. Die 2011 eingeführte EU-Verbrauchskennzeichnung für Autos sei maßgeblich von der Industrie diktiert worden, behauptete die Deutsche Umwelthilfe.
Sie berief sich auf interne Unterlagen des Wirtschaftsministeriums. Die Regierung wies die Kritik zurück. Seit langem gibt es Vorwürfe, Union und FDP hätten in den zurückliegenden vier Regierungsjahren schärfere europäische Klimaschutzvorgaben für deutsche Autobauer verhindert. Kürzlich waren Großspenden aus der Auto- und Metallindustrie an CDU, CSU und FDP bekanntgeworden.
Seit Dezember 2011 müssen Autobauer für Neuwagen die Energieeffizienz bei Kraftstoff, Kohlendioxid-Ausstoß und Strom kennzeichnen - wie es die Verbraucher von Waschmaschinen oder Kühlschränken kennen. Die Skala reicht bei Pkw von „A+“ (sehr effizient) bis „G“ (weniger effizient). Experten kritisierten, schwere deutsche Geländewagen mit hohem Spritverbrauch würden gegenüber Kleinwagen begünstigt.
Dazu hatte das Wirtschaftsministerium der Umwelthilfe erst nach mehr als drei Jahren und auf Druck eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs Akteneinsicht gewährt.
Umwelthilfe-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte in Berlin: „Die Akten belegen erschreckend klar das Selbstverständnis der deutschen Automobilkonzerne und des Verbands der Automobilindustrie (VDA), die ungeniert die schwarz-gelbe Bundesregierung als Handlanger ihrer Interessen benutzten.“
Resch forderte die EU-Kommission auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zu prüfen. Die Autolobby habe nicht nur Grundzüge der Rechtsverordnung verfasst, sondern sogar zwischen beteiligten Ministerien vermittelt, meinte Resch.
Das Wirtschaftsministerium erklärte, es handele sich um die „übliche Empörungsrhetorik“. Die Umwelthilfe habe seinerzeit die Verordnung noch öffentlich gelobt. Die konkrete Ausgestaltung habe das Ministerium „selbstverständlich in eigener Verantwortung getroffen“. Man sei rechtlich verpflichtet, betroffene Verbände zu hören - in dem Fall auch die Automobilindustrie.
Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) betonte auf Anfrage: „Es ist gute und bewährte Praxis, dass von Gesetzesentwürfen betroffene Branchen und gesellschaftliche Gruppen ihre fachlichen Bewertungen und Informationen zur Verfügung stellen.“
Dagegen sagte Christina Deckwirth von den Verbraucherschützern Lobby Control bei „Zeit Online“: „Hier hat ein Lobbyverband nicht einfach nur seine Positionen übermittelt, sondern gleich noch die Ressortabstimmung übernommen.“
In Brüssel hatte die inzwischen abgewählte, aber noch amtierende Bundesregierung von Union und FDP mehrfach eine Entscheidung über strengere CO2-Vorgaben für Autos in der EU verhindert.
Gut zwei Wochen nach der Bundestagswahl waren dann bei der CDU insgesamt 690 000 Euro von Johanna Quandt und ihren Kindern Stefan Quandt und Susanne Klatten eingegangen. Sie halten zusammen 46,7 Prozent am Autobauer BMW. Die FDP bekam 210 000 Euro. Die Opposition verwies auf einen zeitlichen Zusammenhang mit der schwarz-gelben Blockade in Brüssel - die Regierung erklärte, ihre Politik sei nicht käuflich.