US-Börsenaufsicht knöpft sich Ratingagenturen vor
New York (dpa) - Ratingagenturen gelten als mitverantwortlich für die Finanzkrise, belangt wurden sie bislang jedoch nicht. Das soll sich nach einem Zeitungsbericht nun ändern. Die US-Börsenaufsicht SEC hat sich nach Informationen des „Wall Street Journal“ die großen Spieler der Branche vor die Brust genommen.
Die Behörde erwäge zivilrechtliche Betrugsklagen, hieß es am Freitag unter Berufung auf eingeweihte Personen. Namentlich erwähnte die Zeitung Standard & Poor's sowie Moody's. Die Ratingagenturen bewerten die Bonität von Staaten und Unternehmen sowie die Ausfallwahrscheinlichkeit von Wertpapieren. Viele Investoren vertrauen ihrem Urteil nahezu blind. In der Finanzkrise hatte sich diese Blauäugigkeit gerächt: Die Ratingagenturen hatten auch jenen US-Hypothekenpapieren gute Zeugnisse ausgestellt, die ab dem Jahr 2007 massiv an Wert verloren und damit die Krise des gesamten Finanzsystems auslösten.
Politiker und Finanzaufseher hatten die Ratingagenturen scharf kritisiert und ihnen vorgeworfen, mit ihren guten Noten die Immobilienblase in den USA verstärkt zu haben. Sie hätten die Zeichen für einen Niedergang des Marktes ignoriert. Versuche, die Ratingagenturen zur Rechenschaft zu ziehen, scheiterten indes zumeist. So urteilte ein US-Berufungsrichter nach Angaben des „Wall Street Journal“ noch im Mai, es habe sich bei den Ratings um „bloße Meinungen“ gehandelt und diese seien durch die in der Verfassung verankerte Meinungsfreiheit geschützt.
Anders als Banken, die sich infolge der Finanzkrise einer strengeren Regulierung beugen mussten, blieben die Ratingagenturen weitgehend von Auflagen verschont. Auch die Finanzaufseher und Staatsanwälte knöpften sich bei ihren bisherigen Ermittlungen zu den Verfehlungen der Finanzwelt lieber die einfacher zu greifenden Banken vor. Die US-Investmentbank Goldman Sachs zahlte in einem Vergleich mit der SEC 550 Millionen Dollar. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ steht ein SEC-Vergleich mit der US-Großbank JPMorgan Chase kurz bevor.
Standard & Poor's wollte sich gegenüber der Zeitung nicht äußern, Moody's kündigte ungeachtet des konkreten Falls an, mit der SEC bei einer Anfrage zusammenzuarbeiten. Neben der gefürchteten Börsenaufsicht ermitteln auch eine ganze Reihe an US-Staatsanwälten gegen die Wall Street. Die juristische Aufarbeitung der Finanzkrise hat in den USA gerade erst richtig begonnen.