US-Notenbank schraubt Wachstumsprognose nach unten
Washington (dpa) - Die Konjunktur in den USA kommt aus Sicht der US-Notenbank langsamer in Fahrt als erwartet. In der ersten Pressekonferenz der Fed-Geschichte nach einer Zinsentscheidung schraubte Notenbankchef Ben Bernanke die Wachstumsprognose für dieses Jahr nach unten.
Gleichzeitig hob er die Inflationsprognose an, sprach jedoch von einer langfristig stabilen Teuerungsrate. Wie der Chef der Federal Reserve nach einer Zinssitzung des Offenmarktausschusses mitteilte, geht die Fed nunmehr für 2011 von einem Wirtschaftswachstum zwischen 3,1 und 3,3 Prozent aus. Im Januar war für die US-Wirtschaft ein Wachstum von 3,4 bis 3,9 Prozent vorausgesagt worden.
Für das schwächere Wachstum sei die schwache Kreditvergabe sowie die anhaltende Schwäche am Häusermarkt verantwortlich. Hinzu kämen eine relativ hohe Arbeitslosigkeit, hohe Benzinpreise und viele Zwangsvollstreckungen. Dies sei eine „fürchterliche Kombination“, sagte Bernanke. Die wirtschaftliche Erholung dürfte daher zunächst moderat bleiben, sich jedoch mittelfristig wieder beschleunigen. Im ersten Quartal dieses Jahres rechnet der Fed-Chef mit einem Zuwachs von etwas weniger als 2 Prozent. Die Quartalszahl wird an diesem Donnerstag veröffentlicht.
Angesichts des schwachen Dollars sagte Bernanke, ein starker und stabiler US-Dollar sei im Interesse der USA und der Weltwirtschaft. Der Dollar profitiere davon, wenn die US-Notenbank ihren Auftrag erfülle und für Preisstabilität und hohe Beschäftigung sorge. Man müsse für mittelfristig starke Fundamentaldaten sorgen. Eine niedrige Inflation erhalte die Kaufkraft des Dollar. Zudem müsse die Wirtschaftskraft gestärkt werden.
Signale für eine bevorstehende Zinswende gab Bernanke nicht. „Ich weiß nicht wie lange es dauert, bis wir mit einer Verschärfung der Geldpolitik beginnen.“ Diese hänge ganz von dem wirtschaftlichen Ausblick ab.
Der Offenmarktausschuss der Fed hatte zuvor angesichts eines anhaltend mäßigen Wachstums und einer gezähmten Inflation den Leitzinssatz auf seinem historischen Tief von 0,0 bis 0,25 Prozent belassen.
Die erste Pressekonferenz des Fed-Chefs wurde weltweit viel beachtet. Bernanke will nun künftig viermal im Jahr zur Geldpolitik Rede und Antwort stehen und damit für mehr Transparenz sorgen.
Ihre Inflationserwartung für 2011 korrigierte die Fed in der Sitzung zwar leicht nach oben, von 1,3 auf 1,7 Prozent im Januar auf nunmehr 2,1 bis 2,8 Prozent. Die Kerninflationsrate - ohne die schwankungsanfälligen Energiepreise - beziffert die Fed auf 1,3 bis 1,6 Prozent, ebenfalls leicht höher als im Januar geschätzt (1,0 bis 1,3 Prozent). Bernanke machte jedoch klar, dass er langfristig die Inflation unter Kontrolle sieht.
Zum geplanten Auslaufen des Ankaufs von Staatsanleihen im Umfang von insgesamt 600 Milliarden Dollar Ende Juni sagte der Notenbank-Präsident, er erwarte keine negativen Auswirkungen auf die Märkte. Diese hätten genügend Zeit gehabt, sich auf den Schritt vorzubereiten. Zudem will die Fed nach seine Angaben ihr Portfolio aus Staatsanleihen und hypothekenbesicherten Wertpapieren zunächst stabil halten, um den Übergang nicht allzu abrupt zu gestalten. Man werde jedoch regelmäßig den Umfang und die Zusammensetzung der Wertpapierbestände prüfen.
Auf dem Arbeitsmarkt sieht der Fed-Chef eine bessere Entwicklung als noch im Januar geschätzt. Demnach rechnet die Notenbank jetzt damit, dass die Arbeitslosenrate 2011 zwischen 8,4 und 8,7 Prozent liegen wird. 2013 könnte sie erstmals unter die 7-Prozent-Marke sinken. Zuvor war für dieses Jahr von einer Spanne zwischen 8,8 bis 9,0 Prozent ausgegangen worden. Die Quote liegt derzeit bei 8,8 Prozent.
Bernanke sagte zudem, die Neubewertung der Lage in den USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's sollte die Politik zu Entscheidungen treiben. Die Rückführung des US-Haushaltsdefizits habe Top-Priorität.
In der vergangenen Woche hatten Zweifel an der Kreditwürdigkeit der USA weltweit für Wirbel gesorgt. An den Märkten wuchs die Sorge, dass sich die Schuldenkrise in den Vereinigten Staaten zuspitzt. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte die Kreditwürdigkeit der USA infrage gestellt. Sie werde deren Bonität zwar weiter mit der Bestnote „AAA“ bewerten. Allerdings senke sie den Ausblick für die langfristige Beurteilung von „stabil“ auf „negativ“. Damit droht in den kommenden zwei Jahren eine Herabstufung.
Ein schlechteres Rating kann zu erheblich höheren Zinsen für US-Staatsanleihen führen. Dies könnte nach Expertenmeinung das ohnehin zaghafte Wirtschaftswachstum abwürgen und die Gefahr einer neuen Rezession heraufbeschwören.