Vattenfall prüft Verkauf der Braunkohle-Tagebaue
Stockholm/Cottbus (dpa) - Der schwedische Energiekonzern Vattenfall erwägt einen Verkauf seiner deutschen Braunkohlesparte in der Lausitz.
Dabei könne es um einen kompletten oder teilweisen Verkauf der Braunkohle-Tagebaue und Kraftwerke in Brandenburg und Sachsen gehen, sagte Sprecher Stefan Müller am Donnerstag.
„Unsere Strategie sieht klar eine Reduzierung unserer Kohlendioxid-Exponierung und eine Umstellung unseres Erzeugungs-Portfolios auf erneuerbare Energien vor“, erklärte Konzernchef Magnus Hall in Stockholm.
Seit 2010 setze das Unternehmen bei Neuinvestitionen nur noch auf erneuerbare Energieträger, sagte Müller. Zum Zeitplan für den möglichen Verkauf wollte er zunächst nichts sagen. Er sprach von einem „ganz offenen Prozess“. Mit Brandenburg und Sachsen will Vattenfall dabei laut Mitteilung einen „engen Dialog“ führen.
„Offenbar bestehen in der Unternehmensführung als auch beim Eigentümer weiterhin nur vage Vorstellungen zur zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens“, kritisierte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Die Braunkohle bleibe ein unverzichtbarer Baustein der Energiewende in Deutschland.
Gleichzeitig seien die Kraftwerke und die Tagebaue für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in der Lausitz weiter von größter Bedeutung. Woidke begrüßte die Bereitschaft von Vattenfall zu einem engen Dialog mit Brandenburg und Sachsen: „Meine Erwartung ist, dass dazu die Unternehmensführung zügig zu Beratungen in die Lausitz kommt.“
Auch Sachsen begrüßte die angekündigten Gespräche. „Für die Staatsregierung ist entscheidend, dass die Arbeitsplätze und die Zukunft des Braunkohleabbaus und der Braunkohleverstromung in der Lausitz gesichert sind“, betonte der Chef der sächsischen Staatskanzlei, Johannes Beermann (CDU).
Vor wenigen Wochen hatten die Länder das Unternehmen vor einem raschen Ausstieg aus der Lausitzer Braunkohle gewarnt, den die neue schwedische Regierung nach der Parlamentswahl im September angedeutet hatte. Braunkohle-Befürworter und Industriegewerkschafter sehen durch den Schritt Arbeitsplätze gefährdet und fürchten steigende Energiepreise. „Wir erkennen die aktuelle und zukünftige Bedeutung der Braunkohle-Generation für die lokale Wirtschaft und die deutsche Energiepolitik an“, betonte Hall.
Der schwedische Energieriese ist wegen sinkender Preise und geringer Nachfrage in Nöten. Für das kommende Jahr hat sich Vattenfall ein noch strengeres Sparprogramm auferlegt als zunächst geplant und will 3 Milliarden Kronen einsparen. Das kündigte der Konzern an, nachdem er im dritten Quartal in die roten Zahlen gerutscht war.
Das Unternehmen verbuchte auch durch hohe Abschreibungen einen Verlust von rund 18 Milliarden schwedischen Kronen (1,94 Mrd Euro). Auch der Umsatz ging leicht auf rund 34,7 Milliarden Kronen zurück. „Vattenfall erlebt schwierige Marktbedingungen, mit einer schwachen Nachfrage, einem Überfluss an Erzeugungskapazität und historisch niedrigen Strompreisen“, erklärte Hall.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte die Prüfung des Verkaufs der deutschen Braunkohlesparte. Es sei zwar zu begrüßen, dass Vattenfall klimafreundlicher werden wolle, sagte Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid in Hamburg. Aber dafür könne der Konzern das klimaschädliche Geschäft nicht einfach abstoßen: „Ein Verkauf löst das Problem nicht, sondern reicht es lediglich weiter.“
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) warnte Vattenfall vor einer Zerschlagung seiner Braunkohlesparte in der Lausitz. Die Gewerkschaft werde sich einer „etwaigen Filetierung des Unternehmens zur Kaufpreis-Maximierung widersetzen“, sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis in Hannover. Gleichzeitig kündigte der Gewerkschaftschef massiven Widerstand an, falls Vattenfall versuchen sollte, über weitere Rationalisierung zusätzliche Gewinne oder höhere Verkaufserlöse zu erzielen.