Verbraucherschützer: Dispozinsen müssen sinken
Berlin (dpa) - Die Zinsen für das Überziehen des Girokontos müssen nach Ansicht von Verbraucherschützern rasch deutlich sinken. „Die Dispozinsen in Deutschland sind immer noch viel zu hoch“, sagte Stephanie Pallasch, Bankexpertin der Stiftung Warentest, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Derzeit müssen Kunden nach ihren Angaben durchschnittlich zwischen 10 und 11 Prozent bezahlen. „Es gibt einige Direktbanken, die sich mit 6 bis 7 Prozent zufriedengeben. Bei dem aktuellen Zinsniveau sollte der Satz aber bei deutlich unter 10 Prozent liegen.“ Gerade Kunden in ländlichen Regionen hätten aufgrund der Monopolstellung der Bank vor Ort häufig keine andere Wahl, als ungünstige Bedingungen hinzunehmen.
Um ausufernden Zinsen Einhalt zu gebieten, ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) für eine gesetzliche Deckelung und wartet auf einen Bericht von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), dessen Ergebnisse in den nächsten Monaten erwartet werden. „Die Ergebnisse werden wir nutzen, um die weiteren Forderungen zu formulieren“, betonte vzbv-Finanzexperte Manfred Westphal. Doch auch er hält das aktuelle Zinsniveau für viel zu hoch. „Da müssen wir runter.“ In der Vergangenheit hatte der vzbv auch einzelne Institute wegen ihrer Klauseln zur Festlegung der Zinsen abgemahnt.
Angesichts der anhaltenden Kritik sieht Expertin Pallasch auch Verbesserungen: „Erfreulicherweise beobachten wir, dass einige Banken inzwischen reagiert haben und dass so die extrem hohen Zinsen von deutlich über 14 Prozent nicht mehr so häufig auftauchen.“ Dennoch liegt nach ihrer Einschätzung noch einiges im Argen. „Uns fällt auf, dass Banken mit Monopolstellung in ländlichen Gebieten häufig höhere Dispozinsen verlangen als in Ballungsräumen. Kunden dort haben schlicht keine Wahlmöglichkeiten.“
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), hervorgegangen aus dem Zentralen Kreditausschuss (ZKA), in dem die Spitzenverbände des deutschen Finanzwesens vertreten sind, wies auf Anfrage darauf hin, dass Dispokredite ein „besonders kurzfristig nutzbares Angebot“ für die Kunden seien. Sie seien allerdings nur als Überbrückung für kurze Zeit gedacht. Die hohe Flexibilität von Überziehungskrediten spiegele sich dann auch in den zu zahlenden Zinsen wider. So sei der laufende Aufwand für Vorhaltung und Überwachung höher als bei anderen Privatkrediten. Der Kunde habe in der Regel aber die Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Angeboten zu wählen.
Pallasch sucht die Schuld auch nicht allein bei den Banken: „Die Verbraucher darf man nicht komplett aus der Verantwortung entlassen. Schließlich ist der Dispokredit ein sehr bequemer Kredit.“ Allerdings ist das Geschäft mit der Konto-Überziehung gerade aus diesem Grund für die Institute sehr lukrativ. Die Verbraucherschützer beobachten hier immer neue Entwicklungen: „Seit neuestem gibt es zum Beispiel Überziehungszinsen, die abhängig von der Bonität sind. Das heißt: Je zahlungskräftiger ein Kunde, desto niedriger der Zins.“ Das mache es für Menschen, die auf so einen Kredit angewiesen seien, natürlich schwieriger.
Seit Juni 2010 müssen Banken den Dispozins an einen Referenzwert koppeln, wenn sie Zinsen ändern wollen, ohne ihre Kunden zu benachrichtigen. Dieser Referenzwert ist häufig der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) oder der Durchschnittszinssatz, zu dem sich europäische Banken untereinander Geld für drei Monate ausleihen (Drei-Monats-Euribor).