Verspätung: Bahn muss auch bei Unwetter entschädigen

Das EU-Gericht entscheidet, dass sich die Unternehmen gegenüber Fahrgästen nicht auf höhere Gewalt berufen können.

Luxemburg/Düsseldorf. Eisenbahnunternehmen in der Europäischen Union müssen ihren Fahrgästen auch dann Entschädigung für Verspätungen zahlen, wenn der Grund für die Verspätung in höherer Gewalt wie etwa Unwettern liegt. Das entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.

Anlass war zwar ein Fall aus Österreich. Weil es aber um die Auslegung von EU-weit einheitlichen Vorschriften geht, gilt der Richterspruch in allen EU-Staaten — und damit auch in Deutschland. In einer Mitteilung des Gerichts heißt es: „Diese Entscheidung bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst sind.“

Würde sich ein Bahnunternehmen hierzulande mit dem Hinweis auf höhere Gewalt vor einer Entschädigung wegen Verspätung drücken, so hätte ein klagender Kunde beste Erfolgsaussichten.

Doch zu solchen Prozessen will es jedenfalls die Deutsche Bahn erst gar nicht kommen lassen. Das Unternehmen erklärte, die Entscheidung werde „unverzüglich“ umgesetzt. Bisher ist in den Bedingungen der Bahn die ausdrückliche Einschränkung geregelt, dass man von der Haftung wegen Verspätung „bei außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegenden unabwendbaren Umständen“ freigestellt sei.

Auf solche und ähnliche Regeln können sich Bahnunternehmen nicht mehr berufen. Einer Bahn-Sprecherin zufolge zeigte sich die Bahn schon in der Vergangenheit Kunden gegenüber kulant und machte von dem nun als unzulässig erklärten Haftungsausschluss „eher zurückhaltend Gebrauch“.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat keine statistischen Daten, wie oft Fahrgästen bislang mit Hinweis auf höhere Gewalt eine Entschädigung verweigert wird. Gerd Aschoff, stellvertretender Vorsitzender von Pro Bahn, weist darauf hin, dass nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch andere Bahnunternehmen nun aufgefordert seien, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen der neuen Rechtsprechung anzupassen.