Girokonto besonders betroffen Viele Banken drehen an der Gebührenschraube
Frankfurt/Main (dpa) - Viele Bankkunden in Deutschland müssen sich auf weiter steigende Gebühren einstellen. Ein Drittel der Institute (32 Prozent) bittet Privatkunden bereits stärker zur Kasse oder plant dies bis Ende des Jahres.
„Banken müssen sich alle Gedanken machen: Wie finanziere ich meinen Betrieb?“, sagte EY-Bankenexperte Dirk Müller-Tronnier am Montag in Frankfurt bei der Vorstellung der jüngsten Bankenstudie des Beratungsunternehmens. „Da scheint es nahezuliegen, Gebühren zu erheben für alles Mögliche - und dann ist die Frage: Kann ich mir das leisten?“
Denn der Wettbewerb um Kunden im deutschen Bankenmarkt sei nach wie vor hart. Wer Gebühren erhöhe, riskiere den Verlust von Kunden, sagte Müller-Tronnier. Letztlich erwarte er einen Verdrängungswettbewerb. Gut zwei Drittel (68 Prozent) der 120 befragten Institute geben in der Umfrage daher auch an, sie wollten bei ihren Gebühren für Privatkunden in diesem Jahr alles beim Alten lassen.
Wenn es für Kunden teurer wird, trifft es vor allem das Girokonto: Gut jede vierte Bank (27 Prozent) erhöht hierfür die Gebühren. Knapp jede fünfte Bank (19 Prozent) nimmt mehr für Überweisungen. „Früher war es möglich, mit hohen Zinseinnahmen andere Dienstleistungen quer zu subventionieren - das geht im aktuellen Niedrigzinsumfeld nicht mehr. Andere Ertragsquellen sind völlig versiegt“, erklärte Müller-Tronnier.
Viele Institute scheinen sich indes allmählich darauf eingestellt zu haben, dass die Erträge nicht mehr so sprudeln wie früher. In der Summe beurteilen die Befragten ihre Geschäftsaussichten so positiv wie nie in der seit 2007 erhobenen Umfrage. Vor allem bei Privatkunden und im Wertpapierhandel sehen Banken Wachstumspotenzial.
Zugleich sieht sich die Branche angesichts der Gemengelage aus niedrigen Zinsen und hohen Kosten für Regulierung beziehungsweise Digitalisierung zum Sparen gezwungen. Kostensenkungsmaßnahmen stehen bei drei Viertel (74 Prozent) der Banken nach dem Risikomanagement ganz oben auf der Agenda. Zwei von fünf Banken planen in den nächsten zwölf Monaten Stellenstreichungen, nur jedes zehnte befragte Institut will in diesem Zeitraum zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.
Für das „Bankenbarometer“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) wurden in diesem April 120 Banken in Deutschland quer durch alle Säulen befragt - also Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen ebenso wie private Großbanken. Die Institute stehen gemessen an der Bilanzsumme nach EY-Angaben zusammen für 70 bis 80 Prozent des deutschen Bankenmarktes.